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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Marin Marais, Attilio Ariosti, Klaus Huber, Garth Knox u.a.

D’amore

Garth Knox, Agnès Vesterman

ECM New Series/Universal 476 6369
(54 Min., 9/2006) 1 CD

Die Viola d´amore, dieser vom Resonanzvolumen her größere und im Ton strengere Bruder der Bratsche, hat es nie leicht gehabt. So schnell sie in der italienischen Instrumentalmusik des Barocks eine durchaus tragende Rolle gespielte, so schnell verschwand sie auch wieder von der Bühne. Was Rousseau mit ihrem "allzu kreischenden Klang" begründete. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts sollte sie für kurze Zeit wieder aus dem Dornröschenschlaf erweckt werden. Von Paul Hindemith, der 1922 begeistert an Emma Ronnfeld schrieb: "Ich habe einen neuen Sport: Ich spiele Viola d´amore, ein ganz herrliches Instrument, das ganz verschollen ist und für das nur eine ganz kleine Literatur besteht. Das Schönste, was Du Dir an Klang vorstellen kannst; eine nicht zu beschreibende Süße und Weichheit. Es ist heikel zu spielen, aber ich spiele es mit großer Begeisterung und zur Freude aller Zuhörer." Knapp ein Jahrhundert später tritt nun Garth Knox in Hindemiths Fußstapfen. Mit einem Rezital aus Originalkompositionen und Bearbeitungen, bei denen der Viola d´amore bisweilen das Cello von Agnès Vesterman zur Seite gestellt wird.
Garth Knox, der von Hause aus Bratscher ist und jahrelang Mitglied beim Arditti Quartet war, muss sich mit diesem 14-saitigen Instrument – wie mit einer geheimen Geliebten – schon länger beschäftigt haben. Denn mit seiner technischen Makellosigkeit kann er allein in den berühmten "Folies d’Espagne"-Variationen des französischen Gambenkönigs Marin Marais jeden Stimmungswechsel von kantabler Versunkenheit bis zur furiosen Attacke mitgehen. Und in der dreisätzigen Sonate "Primo Lezione" des Viola d’amore-Pioniers Attilio Ariosti wechseln sich Stolz und Eleganz miteinander ab, leuchtet es selbst im gefährlichen Diskantbereich lupenrein. Der Facettenreichtum der Viola d’amore verblüfft hier wie in dem gesamten Programm, das gleich sieben Jahrhunderte Musikgeschichte absteckt. In einem keltischen Tanz spornen sich Knox und Vesterman gegenseitig und sprunggelenkig an. Und Knox’ Komposition "Malor me bat" ist eine erstaunliche Synthese aus der zitierten, berückenden Schönheit eines Johannes Ockeghem, heftig zirkulierenden Arpeggien und geheimnisvollem Flageolett-Flirren. Den abschließenden Höhepunkt bildet die fragile Lamento-Stele "… Plainte …", die Klaus Huber als Epitaph auf den 1990 verstorbenen Luigi Nono komponierte. Die Neue Musik scheint demnach die Viola d’amore bereits wiederentdeckt zu haben. Ihre eigentliche Renaissance dürfte aber nun Garth Knox auf breiter Front ausgelöst haben.

Guido Fischer, 26.04.2008


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