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N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Giuseppe Verdi

La Traviata

Renée Fleming, Rolando Villazón, Renato Bruson u.a., Los Angeles Opera, James Conlon

Universal/Decca 074 3215
(141 Min., 2006)

Ob sich die Upper Class von Los Angeles in ihrem Verdi‘schen Bühnenpendant wiedererkannt, vielleicht gar hinterfragt gesehen hat? Unsinn. Die Idee, die champagnerschlürfenden Frack- und Rüschenträger der "Traviata" nicht nur als Staffage für eine herzerweichende Lovestory heranzuziehen, hätte wohl einem europäischen Opernhaus mit Regiekonzept gut gestanden, wohl kaum einer US-Spielstätte wie der von Plácido Domingo geführten Los Angeles Opera, in der man mit dem teuren Eintrittsbillett eine zweistündige Unterhaltungsgarantie auf exklusivem Niveau erwirbt – mitsamt den Stars, denen man vorab schon die Bravos entgegenschleudern möchte. So groß die Namen der Sänger, so üppig die Bühnenausstattung, so mager die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Libretto. Brav drapiert Marta Domingo nicht nur die Bühne mit allerlei Rüsch und Plüsch, auch ihre Salonakteure verlassen nie ihr nobles Ausdrucksterrain. So bleibt Renée Fleming auch noch im schwindsüchtigen Dahinsiechen eine wahrhaft schöne und schön singende Edelkurtisane. Überhaupt die Gestik: wenn Schmerz angesagt ist, so wird die Rechte zum Herzen geführt, und das Personal steht betroffen herum und wartet auf den nächsten Einsatz. Das musikalische Geschehen hebt sich von dieser (inneren) Bühnenleere weitgehend wohltuend ab. Frau Fleming reicht mit ihrem warm timbrierten Sopran jederzeit – zumindest gesanglich – an ihre berühmte Salzburger Konkurrentin Anna von 2006 heran. Ihrer beider Kollege ist – wen wundert‘s? – der eigentliche Star der Aufführung: Rolando Villanzóns Alfredo trägt (wie immer) sein Herzblut auf den Stimmbändern und verfügt neben dem allbekannten Herzschmerz-Heldentum auch über betörende piano-Schattierungen. Seinem Bühnenvater Germont, dem großen Renato Bruson, hingegen hört man inzwischen doch die vielen Jahre seiner Ausnahmekarriere an. James Conlons Orchesterführung wiederum hat ihre einfühlsamen Momente – ohne mit allzu viel Esprit aufzuwarten. Aber egal: die Bravos scheinen in Los Angeles für alle Beteiligten obligatorisch. Und so wollen auch wir diese Kameliendame noch einmal zu genießen versuchen – allerdings nur mit geschlossenen Augen.

Christoph Braun, 29.03.2008


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