Decca 455 247-2
(1962 - 1965) 6 CDs, ADD
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Sony SM2K 52 651
(1960, 1982) 2 CDs, ADD / DDD
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Eigentlich sah Brahms sein Schaffen als abgeschlossen an, doch dann brach er 1891 sein Schweigen. In dieser letzten Periode entstanden Werke, deren berührende Wahrhaftigkeit wirkt, als seien sie nicht bestimmt, von irgendwem gehört zu werden. Man schämt sich fast, den Monologisierenden zu belauschen, wäre Brahms‘ Tonsprache nicht von einer solchen Formkunst, die den emotionalen Gehalt eisern umschnürt hält. Die Stücke der vier Sammlungen opp. 116 bis 119 - die raschen heißen zumeist Capriccos, die langsameren Intermezzos - sind keine losen Albumblätter, sondern beziehungsreiche Zyklen, in denen das von hervorbrechendem Gefühl und grüblerisch-spröder Formkunst geprägte Altersdrama sich entfalten kann - pendelnd zwischen Zartheit und Wüten.
Julius Katchen zeichnet die Fieberkurven dieser Werkgruppen erregend nach, etwa in den sieben Stücken op. 116. Zwei Capriccos, beide in d-Moll, umrahmen das Geschehen. Das erste ist sicherlich das schroffste Spätstück von Brahms. Katchen versucht nicht, Brahms´ trostlose Raserei zu mildern. Auch die für das letzte Capriccio viel zu ausgedehnte, trotzig stampfende Coda gewinnt beängstigend wilde Züge. Und mit dem gewalttätigen, pianistisch anspruchsvollen Schluss der Es-Dur-Rhapsodie op. 119/4 wirft Brahms - in es-Moll umkippend - das Tor hinter seinem Klavierwerk zu. In beiden Fällen stellt Julius Katchen die kahle Gewalt des Endgültigen mit ungebremster Wucht heraus. Nach diesen Kompositionen hat Brahms nichts mehr für Solo-Klavier geschrieben.
Auf der anderen Seite stehen jene privaten Intermezzos, die so unmittelbar und leise sprechen, dass die Interpretenseelen den Raum verlassen sollten und Brahms alleine lassen mit seinem Mediator. Katchen ist so ein sensorisches "Neutrum", begabt mit feinstem Gehör und Pianissimo-Delikatheit, die sich mit Michelangeli messen konnte. Den dunkel-glühenden Ton, der sich im Konzert nicht oft entfaltet, findet Katchen so natürlich, dass wir dahinter Brahms selbst zu hören meinen. Das können nur die ganz großen Uneitlen. Die Sicherheit, mit welcher der 1969 nur dreiundvierzigjährig verstorbene Amerikaner den Charakter des späten Brahms durchdrang, bleibt singulär.
Eine der schönsten Aufnahmen Glenn Goulds muss ich noch nennen. Im rätselhaften, nur aus einem Themenkeim entwickelten b-Moll-Intermezzo op. 117/2 findet er für jede motivische Verwandlung eine überraschend neue Klangschattierung, eine gewandelte Beleuchtung. Und das berühmte Es-Dur-Lied des ersten Intermezzos ist nicht einsamer und schlichter vorstellbar. Auch hier entsteht Schönheit aus völliger Selbstvergessenheit.
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