Hier bekommen die „Juroren“ des „Echo-Preises“ die längst fällige Ohrfeige: Wer Vanessa Maes musikalische Obszönitäten für preiswürdig hält, die faszinierende Violinkunst von Leila Josefowicz aber außer acht lässt, hat sich selbst der Inkompetenz überführt. Die unglaubliche geigerische Souveränität der neunzehnjährigen Amerikanerin ist nicht nur die einzig mögliche Antwort auf das schäbige Girlie-Gekratze, sondern für sich genommen eine echte Sensation. Es ist wie im Märchen: Ein solches geigerisches Talent gedeiht nur alle fünfzig Jahre.
Das „unspielbare“ Soloprogramm ihrer zweiten CD (mit Solosonaten von Bartók und Ysaÿe sowie Kabinettsstücken von Kreisler und Paganini) unterstreicht nicht nur ihre überragende Technik, ihre Bravour, ihre lupenreine Intonation, sondern dokumentiert auch ihre künstlerische Reife, ihre Phrasierungssicherheit, und ihren schier unermesslichen Ausdrucksreichtum. Viktoria Mullova hat vor acht Jahren ein ähnlich heikles Soloprogramm vorgelegt, aber Leila Josefowicz wirkt heute schon freier, sicherer, musikalisch bezwingender. In ihrem wunderbar sinnlichen Ton verbinden sich das samtige Vibrato Mischa Elmans, die Leidenschaft und Süße Michael Rabins und die Attacke von Ginette Neveu zu einer neuen auratischen Identität. Mit neunzehn hat diese Zaubergeigerin bereits den Olymp der Violinkunst erobert: Bravissima Leila!
Attila Csampai, 31.05.1996
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