home

N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Responsive image mb-5
Nicolas Gombert

Missa Media Vita in Morte Sumus

Hilliard Ensemble

ECM/Universal 1884
(76 Min., 5/2002) 1 CD

Die Dunkelheiten des Lebens hat Nicolas Gombert (um 1495 - um 1560), "Maistre des enffans" am Hofe Kaiser Karls V., ohne Zweifel gekannt, auch wenn er möglicherweise die Galeerenstrafe nicht antreten musste, die wegen Missbrauchs seiner Chorknaben über ihn verhängt wurde. Seine Musik soll ihm angeblich eine Begnadigung durch den Kaiser eingebracht haben, und man sollte diese Geschichte - wenn sie denn stimmt - nicht allzu vordergründig betrachten: Wohnt nicht dem permanenten, polyphon-imitatorischen Geschehen bei aller meditativen Ruhe auch ein unermüdlicher Eifer inne, die weltlichen Dinge - in diesem Fall den Kosmos der Töne - in eine gottgefällige Ordnung zu bringen? Und gleichzeitig ist es eine unergründliche Dunkelheit, die in diesen Klängen von der beklagenswerten Unvollkommenheit alles Weltlichen zeugt: "Media Vita in Morte Sumus", "Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen".
So wenig ein weltliches Werk ohne Makel sein kann, so wenig vermag dies auch seine Interpretation. Das Hilliard Ensemble allerdings erreicht einen faszinierend hohen Grad an Perfektion, und dies nicht nur auf intonatorischer, sondern besonders auch auf klanglicher Ebene: Für die Dunkelheit ist vor allem der abgrundtief schwarze Bass Robert MacDonalds verantwortlich; im Mittelbau sorgt der Münchner Tenor Andreas Hirtreiter, der die Hilliards im Falle größerer Besetzungen gelegentlich ergänzt, für erstklassigen Anschluss nach oben und unten, und als zweiter Tenor fasziniert Rogers Covey-Crump als Urgestein englischer, historisierender Gesangskunst. Diese und drei weitere brillante Sänger gestalten die vier- bis sechsstimmigen Werke dieser CD (im Zentrum steht die "Missa Media Vita in Morte Sumus", ihre motettische Parodievorlage eröffnet das Programm) zu einem beglückenden Erlebnis vokaler Ensemblekunst, das einem das 16. Jahrhundert so nahe bringt, oder die Gegenwart so in die Ferne rückt wie nur irgend möglich.

Michael Wersin, 01.09.2007


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


Abo

Top