home

N° 1353
13. - 21.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Responsive image mb-5
Wilhelm Furtwängler

Sinfonie Nr. 1

Staatskapelle Weimar, George Alexander Albrecht

Arte Nova/BMG 74321 76828 2
(83 Min., 3/2000) 2 CDs

Wenn es um die Musik des 20. Jahrhunderts geht, wird Traditionalismus oft mit Verständlichkeit verwechselt. Je weiter entfernt von der bösen, bösen Moderne ein Werk angesiedelt ist, so denken wir gern, desto unmittelbar zugänglicher muss es sein. Gelegentlich trifft dieses Klischeebild ja auch tatsächlich zu - nicht jedoch bei der Sinfonik von Wilhelm Furtwängler, und ganz bestimmt nicht bei dessen Erster Sinfonie.
Furtwänglers Musik ist zeitfern wie kaum eine zweite und kann als letzte Blüte spätromantischer Musik in direkter Nachfolge Bruckners und Regers verstanden werden. Gegen dieses fast eineinhalbstündige Mammutwerk nehmen sich Werke von Webern oder, um einen lebenden Zeitgenossen zu nennen, Ligeti, wie leichtgewichtige, heitere Serenaden aus. Dem Hörer wie dem Orchester wird das Äußerste an Konzentration und Hingabebereitschaft abverlangt. Die gigantisch ausgeweitete Architektur des Werks erschließt sich erst allmählich, und die Orchesterbehandlung, obgleich überaus virtuos, weist keinerlei effektvoll funkelnde Glanzlichter auf.
Die tiefe Substanz dieser Musik steht außer Zweifel - dennoch stellt sich gelegentlich die Frage, ob Furtwängler hier nicht mehr gewollt hat, als er erreichen konnte. Schließlich hat er selbst die Sinfonie nach der ersten Probe zurückgezogen und noch verschiedentlich bearbeitet, ohne sie je aufzuführen. Die rekonstruierte Urfassung des Werks stammt übrigens vom Dirigenten der CD, George Alexander Albrecht, der Furtwänglers handschriftliche Ergänzungen mühsam entziffern und zum Teil Entscheidungen über fragliche Passagen fällen musste – über diesen Umstand hätte ich gern aus dem Beiheft etwas erfahren.
Die Bekanntschaft mit Furtwänglers riesigem sinfonischen Erstling lohnt sich aber durchaus, zumal zu dem günstigen Preis. Albrecht und das die zahlreichen Herausforderungen bewundernswert meistende Orchester vermitteln Struktur und geistigen Gehalt des Werks auf überzeugende Weise - und die Aufnahme klingt viel klarer und präsenter als die vor kurzem mit denselben Interpreten veröffentlichte Einspielung von Furtwänglers Dritter Sinfonie (siehe Rezension).

Thomas Schulz, 01.09.2007


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


Abo

Top