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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Alfonso Ferrabosco

Psalm 103, Motetten und Madrigale

Huelgas Ensemble, Paul Van Nevel

harmonia mundi HMC 901874
(60 Min., 9/2004) 1 CD

Weniger die effektvolle musikalische Umsetzung von Textdetails mittels satztechnischer Wagnisse als die Ausarbeitung eines möglichst vollkommenen kontrapunktischen Satzes scheint das Hauptinteresse Alfonso Ferraboscos gewesen zu sein; damit wurde er zum Vorbild der späten englischen Vokalpolyphoniker (vor allem William Byrd), die sich vom vormals stark ornamentalen englischen Satz verabschiedeten, um einen von ausgiebiger Durchimitation der Soggetti und kompakter Klanglichkeit geprägten Stil zu pflegen.
Paul Van Nevel bietet eine Auswahl weltlicher und geistlicher Werke aus dem wenig bekannten Œuvre Ferraboscos; im Zentrum steht eine Vertonung des 103. Psalms "Benedic anima mea", umrahmt von Motetten, Madrigalen, einer Chanson und einer instrumentalen "In nomine"-Komposition (basierend auf dem "Benedictus" einer Messe von John Taverner, das späteren Komponisten in England zur beliebten Parodievorlage für ebensolche "In nomine"-Stücke wurde). Van Nevel und seine hochqualifizierten Musiker agieren mit der begeisternden Perfektion erfahrener Alte-Musik-Experten, was sich niederschlägt in tadelloser Intonation und perfekter klanglicher Ausgewogenheit. Bedauerlich ist allerdings, dass sich van Nevel in seinem ansonsten sehr informativen Beihefttext einmal mehr nicht bereit findet, seinen speziellen Interpretationsansatz zu erklären: Schon die Einbeziehung von Instrumenten - sei es colla parte, sei es in gemischter Besetzung im Austausch gegen Sänger - scheint für die Ausführung dieser Musik nicht so klar belegt, dass sie völlig unkommentiert zur Anwendung kommen sollte. Van Nevel greift jedoch, wie so oft, noch tiefer in die Trickkiste: Innerhalb des Psalms 103 lässt er etwa eine einzelne Linie oktav-verdoppelt von einer Männer- und einer Frauenstimme vortragen (ist diese Parallelführungstechnik irgendwo beschrieben?), sodass sie wie ein Cantus firmus hervorsticht, ohne freilich ein solcher zu sein. Man könnte die puristische Sichtweise vertreten, dass diese Musik auch ohne derartige Beigaben reizvoll genug ist; aber selbst wenn man Experimenten gegenüber aufgeschlossen ist, so könnte man doch zumindest erbitten - vor allem auch im Namen der großen Zahl von Hörern, die keinen Zugang zum Notentext dieser Musik haben -, über die Art der vorgenommenen Modifikationen und die Gründe dafür aufgeklärt zu werden.

Michael Wersin, 01.09.2007


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