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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Von Amilcare Ponchiellis insgesamt elf Opern ist eigentlich nur "La Gioconda" auf Bühne und Tonträger präsent geblieben, obwohl zumindest einige der anderen Werken zu Lebzeiten des Komponisten sehr erfolgreich waren, so z. B. "Il figliuol prodigo", das Nachfolgewerk der Gioconda. Auf geteilte Meinungen stieß hingegen die 1885 an der Mailänder Skala uraufgeführte "Marion Delorme": Vom Publikum begeistert angenommen, provozierte es die Kritiker zu scharfen bis böswilligen Schmähungen, die den ohnehin skrupulösen Ponchielli schwer trafen.
Das Libretto der "Marion Delorme" erscheint hinsichtlich der ausgebreiteten Handlung für unseren heutigen Geschmack ähnlich wirr und grotesk wie das der "Gioconda" und vieler anderer Opern jener Tage. Dem gleichnamigen Drama von Victor Hugo zumindest in der ersten Hälfte folgend, erzählt es die tragisch endende Geschichte einer "Traviata"-ähnlichen Pariser Kurtisane, ihres unglücklichen Verehrers Didier und seines Gegenspielers und späteren ergebenen Busenfreundes, dem Marchese di Saverny. Der Bösewicht der Handlung ist der eigensüchtige und finstere Laffémas, enger Vertrauter des Kardinals Richelieu.
Ponchiellis Partitur wartet auf der Basis solider bis brillanter Instrumentationskunst mit ausgesprochen reizvollen Melodien auf, unter denen allerdings kein zweites "Suicidio" oder "Cielo e mar" hervorsticht; gleichwohl versteht es Ponchielli, die handelnden Personen prägnant zu charakterisieren und ihre äußeren und inneren Konflikte ebenso effektvoll wie überzeugend vor dem Hörer auszubreiten.
Die Lifeaufnahme vom Dezember 2001 bringt das Stück nicht vollkommen optimal, aber über weite Strecken durchaus wirkungsvoll zur Geltung: Denia Mazzola-Gavazzeni kämpft in der Titelpartie gelegentlich mit Registerproblemen, Francisco Casanova als Didier verfügt über ein metallisch-strahlkräftiges Tenormaterial, wird aber in der Höhe hier und da etwas grell; Dalibor Jenis als Marchese di Saverny hinterlässt mit seiner edlen, wohlklingenden Baritonstimme insgesamt den rundesten Eindruck.

Michael Wersin, 01.09.2007


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