harmonia mundi 801913
(66 Min., 8/2005, 9/2005) 1 CD
Als Igor Strawinski 1912 noch am letzten hämmernden Rhythmus seiner Jahrhundertballettpartitur "Le Sacre du printemps" feilte, reiften in ihm schon die Pläne für das nächste Tanztheaterstück. Vollendet wurde "Les noces" dann aber erst 1923. Mächtig perkussive Zugkraft besitzen die vier Bilder über eine russische Bauernhochzeit natürlich. Aber aus dem ehemals orkanhaften Stile barbaro ist jetzt ein ungemein schlankes Spiel mit russisch-orthodoxen Vokalpartien und heftigen Akzentverschiebungen geworden, bei dem neben Chor und Sängersolisten gleich vier Pianisten und eine sechsköpfige Schlagwerkertruppe für die entsprechenden Impulse sorgen. Die legendärste Besetzung konnte sich dafür vor über zwanzig Jahren Lennie Bernstein leisten, der mit Martha Argerich, Homero Francesch, Krystian Zimerman und Cyprien Katsaris ein One-Million-Dollar-Klavierquartett verpflichtete.
Dass man aber nicht so tief in die Tasche zu greifen braucht, um aus "Les noces" die gesamte rhythmische Motorik und strukturelle Kontur herauszuholen, belegt die Neueinspielung der musikFabrik, die mit u. a. Tamara Stefanovic eine leistungsstarke Pianistenhoffnung engagiert hat. Dirigent Daniel Reuss zieht dabei aber nicht nur die Zügel straff an. Die Abkehr von einer prall-vitalen Klanglichkeit sorgt für eine durchgeleuchtete Archaik, die die elementar-kultische Suggestivität eines Carl Orff in Erinnerung ruft. In der "Messe" (1948) und in der "Kantate" (1952) findet sich dagegen der markant gestische und plastische Neoklassizismus Strawinskis, der zudem in der Kantate einen dosierten Umgang mit der Zwölftönigkeit pflegt. Beide sich an der historischen Polyphoniekunst orientierende Werke verströmen nun eine wundersam beredte Spiritualität, bei der besonders der RIAS-Kammerchor für einen fortwährend homogenen Fluss sorgt.
Guido Fischer, 01.09.2006
Diese CD können Sie kaufen bei:
Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen
Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Die Klavierkonzerte Nr. 11, 12 und 13 waren Mozarts erste Konzerte, die er nach seinem Umzug von Salzburg nach Wien komponierte. In einem Brief an seinen Vater Leopold beschrieb er sie als „ein glückliches Mittel zwischen zu leicht und zu schwer; sehr brillant, angenehm für das Ohr und natürlich, ohne fade zu sein“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Mozart bereits von seinem dominanten Vater emanzipiert. Sein Ziel war es, mit diesen Stücken das Wiener Publikum zu erobern. Tatsächlich […] mehr