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N° 1353
13. - 22.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Igor Strawinski

Le sacre du printemps, Le rossignol

Olga Trifonova, Robert Tear, Paul Whelan, London Symphony Orchestra, Philharmonia Orchestra, Robert Craft

Naxos 8.55 75 01
(76 Min., 7/1995, 8/1997) 1 CD

Der kleine Flötenlauf aufwärts, vor dem letzten Tuttischlag des Orchesters, müsse so klingen, als liefe eine Flasche bis zum Hals hinauf voll mit Wasser, erläuterte Strawinski den Schluss des "Sacre". Egal, welches archaische Opferritual gerade vollstreckt wurde, die Musik lässt sich gefälligst nichts anmerken, sie fühlt nicht mit. Ob eruptiv oder filigran, sie bleibt Artistin, mit Pokerface. Auch für den Fall, dass der Gesang einer Nachtigall den Kaiser von China zu Tränen rührt.
In Paris, im Abstand von zwölf Monaten, 1913 und 1914, hatten "Sacre" und "Nachtigall" ihre Uraufführungen, die erste ein legendär wüster Skandal, die zweite ein freundlicher Erfolg. Dirigent war beide Male Pierre Monteux. Viel später, nach dem Zweiten Weltkrieg, wurde Robert Craft dessen Assistent - Craft, der Musik- und Kunstwissenschaftler, der Vertraute Strawinskis. Fürst Igor und Craft, das war wie Goethe und Eckermann. "Sacre" und "Rossignol" in den von Robert Craft 1995 und 1997 dirigierten Aufnahmen Seite an Seite wieder zu veröffentlichen, ist gut logisch und dramaturgisch.
Craft galt lange Zeit zu Unrecht "nur" als Strawinski-Dolmetscher ohne eigenen künstlerischen Status. Dabei hat er schon vor 40 Jahren mit einer umfangreichen Schönberg-Edition auf LP Kompetenz und Autonomie bewiesen. Seine jüngeren Strawinski-CDs lassen ihn endgültig aus dem Schatten des großen Meisters hervortreten. Weder nötigt er die Partituren zur Darstellung der eigenen Exklusivität noch den Zuhörer zum Sparringspartner für komplizierte Takt- und Rhythmuswechsel. Klangentladungen behalten ihre Transparenz und Leuchtkraft, das artifizielle Figurenwerk kommt mit der Miene der Unschuld daher. Was in anderen Aufführungen nach metrischer Geduldsprobe, konstruktiver Tüftelei oder phonetischer Strapaze klingen kann, wirkt bei Craft wie unbefangen und selbstverständlich, eine Genugtuung für die Ohren. Das heidnische Russland hier - die kultivierte Chinoiserie dort, die "rechte Hand" des Komponisten dirigiert Strawinski wie aus erster Hand.

Karl Dietrich Gräwe, 01.09.2007


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