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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Live At The Village Vanguard

Wynton Marsalis Septett

Columbia/Sony 497647 2
(1990 - 1994) 8 CDs

Jahrelang mäkelte jeder, der auf sich hielt, an Wynton Marsalis herum. Der Trompeter, selbst nicht gerade zimperlich im Kampf für den reinen, swingenden Jazz, schuf sich mit polarisierenden Äußerungen so viel Feinde, dass es bald als schick galt, seine sensationellen Trompetenkünste, Kompositionen und Arrangements zu ignorieren. Ein Fehler, denn Wynton Marsalis' Großwerke zählen zum Aufwühlendesten, was der akustische Jazz in den letzten Jahrzehnten hervorbrachte.
Die acht CDs umfassende Sammlung von Live-Aufnahmen aus den Jahren 1990 bis 1994 aus dem New Yorker Traditions-Klub "Village Vanguard" belegt, dass Rückgriffe auf die Jazztradition nicht im Konservatismus erstarren müssen. Es lohnt sich, dem Innovationsgeist in den zwei Fassungen von "Cherokee" nachzuspüren oder die vierzigminütige Live-Version der Ballett-Suite "Citi Movement" zu verfolgen. Großartig, wie hier die Stimmungen wechseln, wie Marsalis im fünfzehnminütigen "The Majesty Of The Blues" Elemente der Avantgarde in den Fluss des Titels mengt oder wie in der fast einstündigen Suite "In The Sweet Embrace Of Life" Gospel und Swing eins werden.
In den letzten Jahren forderte Wynton Marsalis ein großes Gewicht von Komposition und Arrangement gegenüber der standardisierten, die Chorusstruktur schematisch ausfüllenden Improvisation. Sein Septett hatte bei den Konzerten enormen Spaß mit entspannt dahinfließenden Improvisationen. Wer jedoch etwas genauer hinhört, entdeckt, dass sich die Solisten über abwechslungsreich durchgestaltete Hintergründe erheben und selbst die scheinbar einer Routine folgenden Passagen weit über die gewöhnliche Aufgabenteilung von begleitender Rhythmusgruppe und Solist hinausgehen.
Hier bewährt sich, dass Wynton Marsalis‘ Septett nur selten umbesetzt wurde. Neben dem Bandleader zählen der Saxofonist Wessell Anderson, der Posaunist Wycliffe Gordon und der Schlagzeuger Herlin Riley zum festen Stamm. Das zweite Saxofon übergab Todd Williams an Victor Goines, am Piano löste Eric Reid seinen Vorgänger Marcus Roberts ab und den Bass übernahm Ben Wolfe von Reginald Veal. Diese Konstanz zahlt sich aus, denn die Band kommuniziert mit traumwandlerischer Sicherheit und enormer Disziplin.
Und dann Wynton Marsalis‘ Trompetenspiel! Die Herkunft aus der Tradition von Clifford Brown und mehr noch Fats Navarro ist deutlich, aber auch die raue, kantige Traditionslinie der Brass Bands von New Orleans und das Dämpferspiel der Ellington-Ära wirken fort. So, wie Wynton Marsalis diese Elemente vermengt, bleiben sie jedoch nicht als Zitate stehen. Er macht sie zu Bestandteilen eines eigenen, rasch zu identifizierenden Klangs. Weltweit werden nur viertausend Exemplare dieser exzellenten Dokumentation gepresst - ein Sammlerstück in Spe.

Werner Stiefele, 01.09.2007


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