Bereits die CD "Pure Getz" von 1982 (Concord) führte uns den Saxofonisten mit der Hälfte dieses Repertoires und mit diesem Begleittrio vor: mit dem jungen Pianobopper Jim McNeely, dem Bassisten Marc Johnson und Victor Lewis, seinem Lieblingsdrummer der Achtziger. Dennoch, nein, gerade deshalb ist diese Platte alles andere als überflüssig: Weil wir schon wissen, dass Getz die Ballade "Blood Count", die Billy Strayhorn auf dem Totenbett schrieb, so bewegend interpretierte, daß uns das Blut in den Adern stockt; weil wir es gerne zweimal hören, wie irrwitzig schnell und dabei musikalisch sinnfällig er Bud Powells "Tempus fugit" hinlegte.
Die Zeit flog Getz in der Tat davon - kaum ein Jahrzehnt später war sein Tenor für immer verstummt. Er spielte in seinen letzten Jahren allzu wenige CDs ein. Bald nach den vorliegenden Aufnahmen zog er sich krankheitsbedingt für vier Jahre zurück. Im Jahr zuvor hatte er mit "The Dolphin" zum akustischen Jazz zurückgefunden. Wie dort begrüßt uns Getz im "New Morning" mit einer Bossa. Diese Reminiszenz aus den Tagen seiner größten Popularität soll uns nicht vergessen lassen, dass dieser einst so coole, beherrschte Sensibilist in den Achtzigern gelöster, spontaner, expressiver, hingebungsvoller spielte als kaum je zuvor.
Marcus A. Woelfle, 02.02.1996
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