Cal Tjaders fünfundsiebzigsten Geburtstag am 16. Juli ist eine willkommene Gelegenheit, an diesen halb vergessenen Musiker zu erinnern: Der schon 1982 verstorbene Tjader gehört zu den eher seltenen Größen, deren Musik in keinem Zusammenhang mit ihrer Herkunft steht: Nach Lehrjahren bei Dave Brubeck und George Shearing avancierte der vorzügliche weiße Vibrafonist aus St. Louis im Zuge der damaligen Mambowelle zu einem der erfolgreichsten Vertreter der Latin-Musik.
Am Gipfel seiner Popularität entstanden in San Franzisko zwei Live-Platten in einem durch Miles- und Monk-Mitschnitte bekannten Club: "A Night At The Blackhawk" und "Live And Direct". Gemeinsam ist beiden Aufnahmen - außer der guten Laune, die sie verbreiten - der Schlagzeuger Willie Bobo. Auf "Night" agiert ein Sextett mit den bewährten Tjader-Sidemen Vince Guaraldi (ein in Latin-Kreisen mit Recht beliebter Pianist), José "Chombo" Silva (ein hörenswerter Tenorsaxofonist zwischen Swing und Bop), dem ehemaligen Gillespie-Bassisten Al McKibbon (mit herrlich rundem Ton!) und dem Conguero Mongo Santamaria, der wie Bobo im kommenden Jahrzehnt unter eigenem Namen zu Ruhm und Ehren gelangen sollte. "Live and Direct" beschränkt sich auf eine effiziente Quartett-Besetzung mit relativ obskuren, ein wenig ungelenken Gestalten an Bass (Victor Venegas) und Piano (Lonnie Hewitt mit Blockakkorden in bewährter Shearing-Manier), entschädigt aber mit um so melodiöseren Vibrafonsoli.
Alle zwölf Stücke auf dieser gut gefüllten CD (es sind überwiegend umarrangierte Standards) klingen nicht nur erstaunlich gut, sondern begeistern auch nach vierzig Jahren durch fast durchweg inspirierte Soli aller Beteiligten und eine rhythmische Beweglichkeit im Wechselspiel zwischen ansteckendem Swingfeeling à la "The Three Sounds" und tänzerisch lockerem Latin Beat.
Mátyás Kiss, 20.07.2000
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