Wer einen Beweis für die Binsenweisheit "Weniger ist mehr" sucht, findet ihn auf dem Höhepunkt dieses Albums, einem expressiven Duo zwischen der Vokalistin Huong Thanh und dem Gitarristen Nguyên Lê, das bereits 1996 live aufgenommen wurde, kurz nachdem ihre viel versprechende Zusammenarbeit bereits auf Lês Album "Tales From Vietnam" dokumentiert worden war. Für fast den ganzen Rest des Albums hielten die beiden Künstler es aber für nötig, die Tiefe ihre intimen Zwiesprache nicht nur durch traditionelle vietnamesische und sonstige "exotische" Instrumente zu bereichern, sondern leider auch von Synthesizern, Computer-Programming und Piano aushöhlen zu lassen.
Gerade als dezent kitschiger Klangteppich zum Weichzeichnen und nicht als Träger musikalischer Substanz verwendet, nimmt solches Instrumentarium der Musik mehr (Wärme, Authentizität, Intensität), als es ihr hinzufügt. Da die Geschmacksnerven sich heute bei der Weltmusik an weit Schlimmeres gewöhnen mussten, wird man kaum merken, wie süßlich und flach das alles schmeckt und das Album mit Preisen auszeichnen. Man muss kein Folklore-Purist sein, selbst der Jazz-Freund dürfte unverfälschte vietnamesische Musik als spannender, spontaner, expressiver und dadurch auch als jazznäher empfinden.
Marcus A. Woelfle, 16.03.2000
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