Die Bearbeitungen, in denen Kurt Weills unsterbliche Songs hier gepflegt und blitzsauber gespielt erklingen, spiegeln das wider, was man im Deutschland der zwanziger und dreißiger Jahre für Jazz hielt. Es handelt sich zum großen Teil um Arrangements für Tanz- und Unterhaltungsorchester, die Weills Verlag Universal Edition mit Zustimmung des Komponisten anfertigen ließ. So ganz ohne Improvisationen wären sie in Amerika schon damals nicht als Jazz durchgegangen. Das gilt übrigens auch für die Arrangements von Weills Songs aus dem amerikanischen Exil, wie etwa dem etablierten Jazz-Standard "Swing Low".
Das schmälert freilich nicht das Verdienst des Palastorchesters, das hier nicht nur nostalgische Stimmungen beschwört, sondern ein hinreißendes Musterbeispiel für historische Aufführungspraxis liefert. Wenn es auch kein Jazz ist, so ist das Palastorchester am Berliner Sound um 1930 näher dran als die meisten Oldtime-Jazz-Kapellen an New Orleans und Chikago. Kennt man Dreigroschenoper & Co. im Original und spätere Jazz-Versionen der Songs, dann ist es nicht uninteressant zu erfahren, in welcher Form sie die meisten Zeitgenossen beim Tanztee oder Abendball wahrnahmen. Max Raabe hält sich dezent im Hintergrund und trägt nur einige Songs vor - wunderlich antiquiert und mit seiner genüsslichen Ironie.
Marcus A. Woelfle, 01.02.2001
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