Zugegeben: Die Mundharmonika ist nicht unbedingt das Jazzinstrument par excellence. Bezeichnend, dass unter den wenigen namhaften Musikern, die das Westentascheninstrument außerhalb des Blues- und Folkkontexts einsetzen, die Europäer die führende Rolle spielen. Allen voran natürlich der belgische Boppionier Toots Thielemans, gefolgt vom Schweizer Gregoire Maret – und einem Deutschen. Hendrik Meurkens heißt er; er hat mit Charlie Byrd kollaboriert und mit Lionel Hampton, lebt in den Staaten und gilt gewissermaßen als Ehrenbrasilianer. Warum das so ist, zeigt er auf dieser Live-Aufnahme aus dem Jahr 2005, die bei einem Konzert in einem Club unweit seines Wohnsitzes in New Jersey eingespielt wurde. Meurkens’ Eigenkompositionen, die neben Stücken von Joao Donato und Jobim den Schwerpunkt des Albums ausmachen, sind vitale Aneignungen der brasilianischen Choro- und Sambatradition. Gemeinsam mit einer flexibel agierenden Rhythmusgruppe, in der sich Pianist Helio Alves Fleißpunkte verdient, und dem solide arbeitenden Tenorsaxofonisten Jed Levy gelingen Meurkens an Mundharmonika und Vibrafon feine Brückenschläge. Hardbopvirtuosität wird da genau so viel Platz eingeräumt wie dem süßlichen Melodiencharme Brasiliens. Der solistische Höhepunkt des Albums findet sich gleichwohl auf einer Nummer aus dem American Songbook. Was Meurkens auf der Harp aus Gershwins "I Can’t Get Started" herausholt, würde Toots sicherlich die Freudentränen in die Augen treiben.
Josef Engels, 09.06.2007
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