Finlandia/Warner Classics 0630-14951-2
Jean Sibelius bemerkte über seine Vierte Sinfonie, ihr hafte nichts von dem „Zirkus“ an, den so viele zeitgenössische Musik umgebe. Tatsächlich könnte dieses Werk – es entstand 1911 – kaum weiter entfernt sein vom aufrauschenden Glamour eines Richard Strauss oder vom weltumspannenden Mitteilungsbedürfnis Gustav Mahlers. In Gestus und Melodik geradezu provozierend karg, steht es quer zu den Konventionen, wie sie die europäische Sinfonik und nicht zuletzt auch Sibelius’ eigenes Schaffen beherrscht hatten. Ähnliches gilt für die etwas heller und freundlicher gestimmte Sinfonie Nr. 6 von 1924.
Der Verzicht auf jede Form von Effekthascherei prägt auch die Interpretationen. Paavo Berglund, der sich ein Leben lang mit den Werken seines Landsmannes auseinandergesetzt hat, weiß, dass Pathos und großorchestrale Aufpolsterung bei dieser Musik tödlich wirken. Die kleine Besetzung und der schlanke Klang des Europäischen Kammerorchesters kommt Berglunds Ideal einer unromantischen, ideologiefreien Sibelius-Interpretation entgegen. Manchmal wünschte ich mir sogar fast ein klein wenig mehr Opulenz und zupackende Dramatik. Doch Berglund will nicht überreden, sondern präsentiert die Musik pur in all ihrer schmucklosen Introvertiertheit: Sibelius für Eingeweihte.
Thomas Schulz, 31.01.1997
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