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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Alexander Skrjabin

Sonate Nr. 3 u.a., Ciaccona

Anna Gourari

Decca/Universal 476 277-2
(67 Min., 11/2004) 1 CD

Wenn ein Buch oder eine Musik oder Platte eine Weile lang in unserem Hirnkasten bewegt werden, entsteht so etwas wie ein geistiger Raum: die Vorstellung von einem (im Roman beschriebenen) Ort oder einer bestimmten Zeit mit ihren Verhältnissen und Sitten. Beim Anhören dieser CD mit der Pianistin Anna Gourari reicht der zeitlich-geistige Raum von den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts bis heute. Denn die "Trois Morceaux" op. 2 von Skrjabin – und noch ein paar andere hier vertretene Stücke – zeigen, wie nah der Russe in den Anfangsjahren seiner Komponistenlaufbahn noch der Klangwelt und den Harmonien Chopins stand. Doch diese Frühwerke sind keine Plagiate, sondern originell und echt gefühlt.
Welchen Kontrast bietet dagegen das ungleich modernere "Désir" aus den "Deux Morceaux" op. 57. Und doch ist es nur eine konsequente Weiterentwicklung Chopin'scher Klangwelt! Das kurze Stückchen nahm Gourari als Namenspate für ihre gesamte CD, deren eines Hauptstück die dritte Klaviersonate Skrjabins, das andere und abschließende die "Ciaccona" der 1931 geborenen Sofia Gubaidulina ist. Auch hier ein Kontrast, ein Sprung in der Zeit, und doch eine verwandte Klangwelt zum späten Skrjabin – verklammert auch durch dieselbe Harmonie, mit dem Skrjabins Fantasie h-Moll op. 28 endet und Gubaidulinas Stück beginnt.
Einige der Skrjabin-Stücke liegen in geradezu verwegenen Horowitz-Einspielungen vor, und demgegenüber interpretiert die 32-jährige Gourari gerade und sachlich, ja mit analytischer Klarheit (im Prélude op. 37 Nr. 4) – immer vergleichsweise, denn Gourari ist durchaus keine Verächterin des etwas Verträumten, Sinnierenden. Doch in der Sonate wünscht man sich gelegentlich ein strengeres Metrum, und manchmal wirkt ihre Interpretation nicht grenzüberschreitend genug, sprich, es fehlt das Quantum Überschwang, ja Wahnsinn, die Skrjabin als Mensch wie auch sein Werk kennzeichnet. Gubaidulinas etwas obsessive "Ciaccona" scheint ihrem Temperament näher zu liegen, und hier fühlt man, wie der Geist Chopins letztlich in die Gegenwart hineinreicht.

Matthias Reisner, 01.09.2007


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