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N° 1298
25. - 31.03.2023

nächste Aktualisierung
am 01.04.2023



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Muzio Clementi

Sonate op. 40/3, Capriccii opp. 17 u. 47/1, Monferrinas op. 49

Lilya Zilberstein

hänssler/Naxos 93.096
(62 Min., 6/2002) 1 CD

Ob Lilya Zilberstein das wirklich so gesagt hat? Beim Stöbern im Antiquariat, vermeldet der die CD koproduzierende SWR im Internet, habe die Pianistin Muzio Clementi (1752-1832) "entdeckt". Darauf sei sie, wird Zilberstein zitiert, sehr "stolz", werde doch der Komponist sonst nur mit Etüden in Verbindung gebracht.
Auch wenn der Bielefelder Katalog nicht zu ihrer Frühstückslektüre gehören dürfte, wird ihr kaum entgangen sein, dass sich in den letzten drei Dekaden mancher Pianist von Format Clementis angenommen hat. Wenn jemand eine "Entdeckung" beanspruchen kann, ist es Horowitz, dessen Pioniertaten in den sechziger Jahren eine Renaissance auslösten, die so hochkalibrige Deutungen wie die von Demidenko, de Maria oder Staier umfasst. Für die Rezeption Clementis ist Zilbersteins Geschichte freilich bezeichnend: Das Etikett „unterschätzter Komponist“ pappt inzwischen so fest an ihm wie einst Mozarts Schmähungen vom "bloßen mechanikus" und "wälschen ciarlattano".
Die von Zilberstein gewählten Werke stammen aus der Zeit nach 1780, als Clementi sich vom dem Konzertpodium verabschiedete, um in London bald erfolgreich als Klavierfabrikant und Verleger zu wirken. Der ungefilterten Akrobatik seiner frühen Sonaten kehrte er den Rücken, um die Form der Sonate auf profunde Weise zu erforschen. Dass der in England lebende Italiener dabei Beethoven stärker beeinflusste als es Apologeten der Wiener Klassik wahrhaben wollten, ist der von Zilberstein gewählten D-Dur-Sonate aus der Trias op. 40 eher oberflächlich anzumerken, so in Gestalt von Ähnlichkeiten mit dessen "Pastorale" op. 28. Gerade in diesem Stück ist Zilberstein zu unentschlossen und wenig pointiert, etwa am Beginn des Kopfsatzes, den sie im Vergleich zur schwebenden Behändigkeit Demidenkos schwerfällig durchmisst, oder im triolenwirbeligen Finale.
Eher liegen ihr die Capriccii, zumal das in e-Moll aus op. 47, ein Exempel der Wegbereiterfunktion Clementis für die Romantik. Hier vermisst man, etwa in hohen Diskantsätzen der langsamen Einleitung, zwar Farbvaleurs, wird aber mit souveränem Zugriff und großer Geste entschädigt. Die Auswahl aus den selten gespielten Monferrinas – ein piemontesischer Tanz, den Clementi zum Charakterstück veredelte wie Schubert seine Ländler - ist dankenswert, dramaturgisch am Schluss des Programms aber unglücklich platziert.

Christian Möller, 06.09.2003



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