Naxos 8.55 9134
(56 Min., 3/2001, 6/2002, 10/2002) 1 CD
Eine ähnliche Grundstimmung wie in Barbers Komposition "Knoxville Summer of 1915" muss in jenem Sommer 1947 in Tanglewood geherrscht haben, als das Stück mit der Auftraggeberin, der Sopranistin Eleanor Steber, erstmals einstudiert wurde. Der Komponist Ned Rorem berichtet, dass Barber um Mitternacht seinen Studenten Lieder vorgesungen habe, als diese nackt in einem See schwimmen gegangen seien. "And who shall ever tell the sorrow of being on this earth, lying, on quilts, on grass in a summer evening, among the sounds of the night." Wunderbar weich, klar und elegisch trägt die ausgezeichnete kanadische Sopranistin Karina Gauvin (deren Händel-Album bei Analekta nicht genug zu loben ist) die wehmütige Kindheitserinnerung vor, die als Barbers "amerikanischste" Komposition gilt. Die Sängerin braucht den Vergleich zu ihren großartigen Vorgängerinnen (Leontyne Price, Dawn Upshaw) nicht zu scheuen, und auch zwei Töne in unangenehmer Bruchlage singt sie nicht schlechter als die berühmte Auftraggeberin auf einem leider vergriffenen Sony-Album. Kraftvoll, farbenreich, aber keinesfalls auftrumpfend oder sentimental ist das Spiel des Royal Scottish National Orchestras. Marin Alsop hat die Musiker fest im Griff, hält die Zügel straff gespannt, auch bei den anderen Stücken dieser neuen Aufnahme. Gerade bei süffig-sinnlichen Werken ist es nicht von Nachteil, das Orchester an die Kandare zu nehmen, wie schon der alte Orchester-Dompteur Toscanini bewies: Immerhin hat seine Rundfunkaufnahme des ersten "Essay for Orchestra" Barbers Ruhm weithin begründet. Alsops Barber-Zyklus ist jedenfalls dazu angetan, das Ansehen des Komponisten in heutiger Zeit zu erneuern - und das zum nach wie vor staunenswert günstigen Naxos-Preis. Thomas Trotters exzellentes Orgelspiel in der etwas pompösen "Toccata Festiva" beschließt diese überaus empfehlenswerte CD.
Markus Kettner, 29.05.2004
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