home

N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



Responsive image mb-5
Egon Wellesz

Das Klavierwerk

Margarete Babinsky

Capriccio/Delta 67181
(166 Min., 2/2006, 6/2006) 3 CDs

Der in Wien geborene und in Oxford verstorbene Egon Wellesz (1885-1974) war ein Musiker mit fast tausend Gesichtern. Dieser Eindruck erhärtet sich nach der ersten Gesamteinspielung seiner Klavierwerke. Denn was Wellesz zwischen 1909 ("Der Abend" op. 4) und 1969 ("Studien in Grau" op.106) so alles an Anlehnungen und Visionen ausprobierte, ist das faszinierende Spiegelbild von einem Komponisten, dem Stillstand und jede Schule bzw. Schublade ein Gräuel war. Als Schüler von Arnold Schönberg entfloh er da genauso kurzzeitig den Tonalitätsprinzipien, wie er sich für die impressionistischen Farbenspiele begeistern konnte. Und seine Begeisterung für das Barockzeitalter, die sich in Werken ohne Opuszahl wie den beiden Couranten ausdrückte, hinderte ihn nicht daran, danach in eine klangsüffige Meta-Welt zu springen, die ein Skrjabin auch nicht wirkungsvoller hätte pulsieren lassen können.
Dass Margarete Babinsky sich all diesen substanzreichen und eigensprachlich umgesetzten Idiomen mit pianistischer Verlässlichkeit und der nötigen Aufmerksamkeit für die unterschiedlichen Baupläne der Klavierstücke und -zyklen annimmt, ist allein schon nicht hoch genug zu loben. Das eigentliche Plus liegt darüber hinaus aber in der Erstbegegnung mit dem aussagekräftigen Lebenswerkausschnitt eines Mannes, der bis heute immer noch zu den bekanntesten Unbekannten des 20. Jahrhunderts gehört. Gerade die sporadisch aufgeführte Oper "Die Bakchantinnen" (1931) und die Gesamteinspielung seiner neun (!) Symphonien durch das RSO Wien haben nichts daran geändert. Was erneut beweist, dass der Schatten der Vergangenheit nicht kürzer wird, je mehr man sich von ihr entfernt. Umso nötiger ist es, auch den 1938 vor den Nazis nach England geflohenen Egon Wellesz mit konsequentem Einsatz wiederzuentdecken. Eine maßgebliche, weil in diesem Umfang noch nie zustande gekommene Hilfestellung bietet dazu jetzt Margarete Babinsky.

Guido Fischer, 01.09.2007


Diese CD können Sie kaufen bei:

Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen



Kommentare

Kommentar posten

Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.


Abo

Top