Canary Classics/Naxos CC01
(79 Min., 12/2004, 1/2006) 1 CD
Wolfgang Amadeus Mozart ließ 1778 in Paris sechs "Sonaten für Klavier mit Violinbegleitung" als Opus 1 veröffentlichen, obwohl ja bereits rund 300 andere Werke seinen Schreibtisch verlassen hatten. Doch dieser kleine Reklametrick hat nicht viel geholfen: Der erhoffte Karriereschub, der schon zuvor in Mannheim sich nicht einstellen wollte, blieb, wie man weiß, auch in der französischen Hauptstadt aus. Die heute mit den Köchelnummern KV 301-306 bezeichnete Sammlung gehört nichtsdestotrotz zu den schönsten Beiträgen Mozarts zu einer Gattung, die ohnehin nicht geneigt ist, Aufsehen zu erregen. Zwar ist, anders als der Titel glauben macht, die Geige dem Klavier nicht wirklich nach-, sondern eher gleichgestellt, doch schon dieser Gleichstand verlangt so viel Rücksichtnahme, dass an virtuose Extravaganz nicht zu denken ist. Es ist um so erstaunlicher, wie viel theatralischen Nachdruck, wie viel Emphase die Geschwister Gil und Orli Shaham den sechs Sonaten abgewinnen, ohne ihre fragile Textur zu zerdrücken. Dabei ist der erste Eindruck der Aufnahme eher ernüchternd. Hier wird Mozart gespielt wie zu Großvaters Zeiten: mit viel Pedal, mit viel Vibrato und einer modulationsfreien Bogenführung, die dem großen Geigenpädagogen Leopold Mozart die Haare zu Berge hätte stehen lassen. Und doch ist diese Mozartlektüre großartig, manchmal sogar atemberaubend. Zu gut verstehen sich die beiden Shahams, zu stringent ist ihre Lesart und zu intensiv und spannungsvoll ihr Vortrag, als dass man sich als Hörer mit kleinlichen Einwänden lange aufhalten wollte. Die außergewöhnlich kontraststarke Dynamik, die sich zuweilen bis nah an die Stille absenkt, um sich dann wieder zu enormer Größe aufzubauen, mag man im Hinblick auf den Mannheimer Aufenthalt im Übrigen historisch ja sogar verbriefen können. Alle weiteren Bedenken stellen wir einstweilen gerne hintan.
Raoul Mörchen, 14.12.2007
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