Das „Album für die Jugend“ ist ein undankbares Programm für einen jungen Pianisten: 76 Minuten im Dienste der Vollständigkeit. Ein paar Nummern summt jeder Ex-Klavierschüler mit, den Rest kennt kein Mensch. Teilweise nicht ganz zu Unrecht, denn verglichen mit den kostbaren Miniaturen der „Kinderszenen“ sind Teile des „Albums“ harmloser Übungsstoff.
So harmlos, wie uns Rico Gulda glauben machen will, sind diese Sätze allerdings dann doch nicht. Im „Stückchen“ mit seiner primitiven einstimmigen Gesangslinie verschiebt Schumann die Phrasierungsbögen, verlagert sacht die Gewichte, ein kompositorischer Prozess, der in größeren Werken verstörende psychologische Ausdruckskraft gewinnt. Gulda nimmt alles unter einen Bogen. Bei so langatmig-langweiliger Phrasierung ohne jedes Innehalten wäre ein Sänger schon längst blau angelaufen. Im „Trällerliedchen“ dasselbe.
Gulda liest nicht sonderlich genau. Auch die Schlüsse singt er gar nicht aus. Das Ende des wunderschönen „Mai, lieber Mai“ klingt, als sei es mit dem Kuchenmesser abgeschnitten, überhaupt fehlt hier wie auch im merkwürdig synkopischen „Frühlingsgesang“ Lebendigkeit und Poesie. So hölzern-klavierstundengequält muss diese Musik nicht klingen.
Matthias Kornemann, 22.11.2001
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