Eine Vortragsbezeichnung soll dem Interpreten sagen, wie schnell er ein Stück zu spielen, welchen Charakter er ihm zu geben hat. Was aber ist von so etwas wie "Bewegt, doch nicht zu rasch" zu halten? Entweder handelt es sich um eine Platitüde (denn alle Kunst lebt von der Ausgewogenheit des "nicht zu sehr"). Oder um die tiefe Einsicht, dass musikalische Bewegung nicht allein vom Tempo angetrieben wird.
Gerade die das Melos fast verleugnende kleinteilige Motivik des so bezeichneten ersten Satzes von Schumanns g-Moll-Klaviertrio op. 110 zeigt dies ganz deutlich: Hier muss das dynamische Potenzial eines jeden Schnipsels mit Gelenkigkeit und Verve ausgenutzt werden, sich gerade der Geiger elegant durch das Geschehen schlängeln. Trotz feiner Klangkultur und durchaus liebevoller Zuwendung zum Werk gelingt dies dem Wiener Brahms-Trio nicht: Es bleibt alles ein bisserl fad, sie nehmen Schumann die Spitze. Der schlicht "rasch" bezeichnete dritte Satz kommt kaum von der Stelle, selbst der "Humor" des Finales bleibt Behauptung. Eine rare Trio-Bearbeitung der kanonischen Studien für Pedalklavier op. 56 kann für solche Mängel nicht entschädigen.
Stefan Heßbrüggen, 27.04.2000
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