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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Roy Eldridge & His Little Jazz Vol. 2

Roy Eldridge

Vogue/BMG 74321 55952 2
(48 Min., 10/1950, 3/1951, 10/1951) 1 CD

Bei dieser Platte muß ich ganz, ganz subjektiv sein. Und wären es die schlechtesten Aufnahmen der Jazzgeschichte - ich müßte eine Lobeshymne dichten. Denn einige Stücke dieser CD haben mich vor über zwanzig Jahren zum Jazz gebracht. Sie befanden sich auf einem altertümlichen Tefifon-Band (eine Art Tonband mit Rillen - ein längst vergessenes Medium der frühen fünfziger Jahre), das nicht einmal die Namen der exzellenten Künstler nannte. Erst später konnte ich Roy Eldridge und Don Byas am Spiel identifizieren. Sie sind also schuld daran, daß ich nicht heute noch als verstockter Klassiker über Jazz die Nase rümpfe.
Wenn ich nun bei dieser CD ekstatisch mitsummen will, passiert bei einigen Titeln etwas Sonderbares: Ich habe offensichtlich die alternate takes im Kopf, die ich mit dem tatsächlich Erklingenden in Übereinstimmung bringen muß. (Warum wurden sie nicht mitveröffentlicht?) Es ist eine Erfahrung, als sehe man gleichzeitig Skizze und fertiges Gemälde. Ein ähnliches Erlebnis kann mit dieser CD aber jeder Jazzkenner machen. Als Roy Eldridge 1951 im Duo mit Claude Bolling die eminenten 1928er Duo-Aufnahmen von Louis Armstrong und Earl Hines authentisch nachspielte, klang das Ergebnis mehr nach “Little Jazz” als nach “Satchmo”.
Das Beiheft greift wieder zurück auf den Gemeinplatz von Roy Eldridge als “Bindeglied zwischen Armstrong und Gillespie”. Unwillkürlich reduziert dieses Bild einen Klassiker zu etwas Vorläufigem, Übergangshaftem. Ich schlage eine Definition von Eldridge als Bindeglied zwischen Henry “Red” Allen und dem frühen Howard McGhee vor, dann erkennen wir “Little Jazz” wieder als zeitlosen Klassiker. Hören wir Roy Eldridge endlich um seiner selbst willen!
Die 1950er Aufnahmen, die Eldridge als französisch singenden und scattenden Meister vorstellen, sind auch für mich eine Überraschung. Warum gerade Trompeter - von Louis Armstrong bis Chet Baker und (um einen Lebenden zu bemühen) Clark Terry - die großen Scat-Sänger der Jazzgeschichte sind, wissen nur die Götter, und die haben bekanntlich vor den Erfolg den Schweiß gesetzt. Und schweißtreibend hot war die Musik des großen “Little Jazz”. Noch bevor er seine Trompete an die Lippen setzt, sind wir schon von seinen humorig-ausgelassenen vocals auf dem Eröffnungsstück in beste Laune versetzt. Das Leben hat sich schon aufgelichtet, mag danach auch kommen, was will.
Und was da alles folgt: Glutvolles Uptempo-Spiel und seelenvolle Balladeninterpretationen - reif und noch ohne all die technischen Altersschwächen, über die wir bei seinen späten Aufnahmen so bereitwillig hinweghören. Damals jedenfalls konnte sich Eldridge in Paris noch erlauben, bei Armstrongs “Wild Man Blues” Satchmo technisch zu übertrumpfen. Schließlich als Zugabe eine Rarität, obgleich keine Meisterleistung: Roy Eldridge als Boogie-Pianist!

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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