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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Sultry Serenade

James Chirillo

Nagel-Heyer 6 45347 00612 6
(72 Min., 5/1991, 10/1999) 1 CD

"His sensational debut as a leader" prangt marktschreierisch unter dem Titel. Wie freut es den Kritiker, dem täglich mehrere als Sensationen getarnte Bagatellen auf den Schreibtisch flattern, da einmal nicht groß widersprechen zu müssen. Der Gitarrist James Chirillo, der bislang an der Seite so unterschiedlicher Giganten wie Benny Goodman und Joe Lovano Aufnahmen vorgelegt hat, musste siebenundvierzig Jahre alt werden, um endlich sein längst verdientes Debüt vorlegen zu können. Als Präzedenzfall fällt mir nur der legendäre Gitarrist Johnny Collins ein, der erst mit neunundsechzig sein Debüt einspielte.
James Chirillo ist ein unglaublich vielseitiger Musiker, ein swingender Eklektizist im besten Sinne des Wortes. Seine Wurzeln reichen weit in die vorelektrische Zeit der Gitarrengeschichte zurück. Auf einigen Stücken erinnert er an die grossen Akkord-Solisten der dreißiger Jahre wie Dick McDonough und Carl Kress und an die großen Swing-Begleiter wie Freddie Green. Doch alles, was seit Charlie Christian im Rahmen der swingenden modernen Tradition geschah, sei es boppig oder bossig, cool oder funky, hat er ebenso in seinen originellen Stil integriert.
Er kann viel, doch das Hotte, Laute, Schweißtreibende liegt ihm weniger als das Verhaltene, Lyrische. Stellenweise klingt er wie ein von der Herdplatte genommener Barney Kessel. Als Improvisator ist Chirillo kein Heißsporn, sondern ein ruhiger Gestalter, der planvoll zu Werke geht. Darin zeigt sich, dass er auch ein gefragter Arrangeur ist, der sich in Details verliebt (interessante Reharmonisation von "Lush Life") und durch sein ausgefallenes, geschmackvoll arrangiertes Repertoire besticht: Es reicht von einer Third-Stream-Komposition, die er im Duo mit dem coolen Trompeter Johnny Carisi kurz vor dessen Tod einspielte, zur New-Orleans-Parade, vom Bebop-Schlachtross "Move" zu einer Bearbeitung des Alexander-Zemlinsky-Liedes "Elend", das ohne große Veränderungen zu erfahren überraschend wie ein ergreifender Blues klingt.
Daneben ist er Chirillo ein beachtlicher Komponist; seiner Frau hat er einen "Blues For Valerie" geschrieben, der von Ellington stammen könnte. Handverlesen ist auch die Wahl der von Stück zu Stück variierenden Mitstreiter: Der Pianist Alan Simon, der Bassist Greg Cohen, der Drummer Dave Ratajczak, der Saxofonist Scott Robinson, die Sängerin Vera Mara und, allen voran, der treffliche Trompeter Randy Sandke lassen nichts zu wünschen übrig.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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