Deutsche Grammophon/Universal 474 200-2
(162 Min., 04/2002) 2 CDs
Kaum zu glauben, dass dies die erste Referenzeinspielung der Matthäus-Passion mit solistisch besetztem Chor ist. Dabei ist es schon zwanzig Jahre her, dass zwei mit Joshua Rifkin und Andrew Parrot zwei engagierte Musiker und Wissenschaftler den Verteidigern romantisch-opulenter Besetzungen alle Beweislast überzeugend vor die Füße gewälzt haben. Mag die Scheu vor einer klingenden Umsetzung der These auch groß gewesen sein: dramatisch anders fällt das neue Klangbild im Vergleich zu schlanken Kammerchorbesetzungen nicht aus. Überzeugend machen sich jedoch die aufgewerteten Instrumentalstimmen im Verein mit Bachs oft sehr instrumental erfundenen Vokalpartien. Und dass man endlich auch Nebenfiguren wie Pontius Pilatus Frau mit der Ausdruckskraft des eingesungenen Vollprofis hören kann, gehört ebenfalls zu den Aha-Effekten, die uns McCreesh beschert. Viel einschneidender für die klangliche Gesamtwirkung ist jedoch, dass McCreesh die Verwendung schmalbrüstiger Truhenorgeln hinterfragt und stattdessen zur Continuo-Begleitung auf eine mittelgroße Kirchenorgel zurückgreift. Nicht zuletzt mit ihrer Unterstützung läuft der Evangelist Mark Padmore im zweiten Teil zu rhetorischer Höchstleistung auf: Mit bebendem Eifer malt er ein blutiges Bild der Passionsgeschichte an die weiß gekalkte Kirchenwand, das so manche mit Erzevangelist Peter Schreier pietätvoll durchsessene Stunde vergessen macht. Leider hat McCreesh seine Solisten in den Arien nicht ebenso auf Linie bringen können: Hier wird immer noch ein Hauch zu gefühlig aus Bauch und persönlicher Betroffenheit, statt aus pietistischem Mitteilungseifer gesungen - was die mit intellektueller Lust an rhetorischer Zuspitzung gefertigten Betrachtungen noch immer ein wenig peinlicher erscheinen lässt als nötig.
Carsten Niemann, 01.01.1970
Diese CD können Sie kaufen bei:
Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen
Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Die Klavierkonzerte Nr. 11, 12 und 13 waren Mozarts erste Konzerte, die er nach seinem Umzug von Salzburg nach Wien komponierte. In einem Brief an seinen Vater Leopold beschrieb er sie als „ein glückliches Mittel zwischen zu leicht und zu schwer; sehr brillant, angenehm für das Ohr und natürlich, ohne fade zu sein“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Mozart bereits von seinem dominanten Vater emanzipiert. Sein Ziel war es, mit diesen Stücken das Wiener Publikum zu erobern. Tatsächlich […] mehr