Listening Ensemble nennt der 41-jährige Norweger Geir Lysne seine üppig und ungewöhnlich besetzte Big Band. Es gibt sechs Holzbläser, die üblichen acht Blechbläser, eine Rhythmusgruppe aus Keyboards, Bass, Gitarre, Schlagzeug und Percussion, und dazu nicht nur einen Live-Sound-Ingenieur, der für Samples und Ähnliches sorgt, sondern auch noch einen Sänger. Und der ist für dieses Album besonders wichtig. Von ihm, dem Samen (oder vulgo: Lappen) Johan Sara, stammt das Titelstück, und auf ihm ist sein kehliger Joik, der lappländische Obertongesang, auch ausführlich zu hören. Auf Eklektizismus deutet da also so manches hin, doch das Geheimnis dieses Ensembles bzw. der Musik seines Leaders liegt gerade darin, dass da eigentlich nichts so verkopft klingt wie diese Beschreibungskategorie suggeriert. Dieser Geir Lysne muss irgendwann seine Zuhör-Hausaufgaben mit großer Lust erledigt haben; Gil Evans muss dabei gewesen sein, außerdem etwas Don Ellis und Thad-Jones/Mel-Lewis - das Listening, das genaue Zuhören, ist eine Tugend, die in den offenen Interaktionen wie in den ausnotierten Parts der Arrangements gepflegt wird, wo Folkloristisches - ernst nehmend abgelauscht - mit der Big-Band-Tradition in Bezug gesetzt wird. Listening wird aber auch vom Zuhörer gefordert bei dieser musikalisch-mentalen Reise durch die Kehrwasser des kosmopolitischen Mainstreams, den verwegene Jazztheoretiker inzwischen ja zwischen Hudson und Pazifik aus den Augen verloren und dafür in Skandinavien neu entdeckt haben. Bei Geir Lysne jedenfalls bilden die Kehrwasser kräftige Strudel, Untiefen sind nicht auszumachen, multidimensionale Spannung entsteht aus einem im besten Sinne zeitgenössischen Big-Band-Vergnügen.

Thomas Fitterling, 01.09.2007

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