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N° 1354
20. - 28.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Live At The Village Vanguard

Tom Harrell

Bluebird/Sony BMG 09026 63910 2
(70 Min., 11/2001) 12 CDs

Dies ist Tom Harrells neunzehntes und zugleich sein erstes live entstandenes Album. Jeder, der den phänomenalen Trompeter einmal im Konzert erlebt hat, dürfte sich des Erlebnisses entsinnen. Wenn er seinen Kollegen lauscht, steht er steif, wie angewurzelt da, gesenkten Hauptes, die Trompete an den Körper gedrückt. Leben scheint erst dann in ihn zu kommen, wenn er das Instrument an die Lippen setzt und ihm - mit stets geschlossenen Augen - zugleich intelligent gewählte wie berührende Töne entlockt. Große Worte oder eine sonst wie geartete Show gibt es bei seinen Auftritten nicht.
Tom Harrell leidet seit Jahrzehnten an Schizophrenie, ist nur dank starker Medikamente spielfähig, braucht all seine Kraft zur Konzentration. Wäre nicht diese kräftezehrende Krankheit, Harrell wäre sicher längst einer der bekanntesten "Stars" des Jazz.
"Live At The Village Vanguard" - das kommt einem Gütesiegel für Live-Jazz gleich, entstanden im legendären New Yorker Club Meilensteine von John Coltrane, Bill Evans und vielen anderen. Wie beim "Messer aus Solingen" oder bei der "alten Violine aus Cremona" appelliert allein schon die Herkunftsbezeichnung an eine Art Urvertrauen des Liebhabers. Und der wird hier nicht enttäuscht.
Mit dem Tenoristen Jimmy Greene, dem Pianisten Xavier Davis, dem Bassisten Ugonna Okegwo und dem Drummer Quincy Davis bildet Harrell eine ansprechende "working band", bei der die Chemie stimmt. Sieben überzeugende Originals brachte Harrell ins Vanguard, um dort wieder eine Lehrstunde in Improvisationskunst zu erteilen. Glanzstück ist aber die im Duo mit dem Pianisten zelebrierte Ballade "Everything Happens To Me", ein Standard, den man mit Chet Baker verbindet - ein Lyriker, mit dem Harrell oft verglichen wird. Harrells Chorusse sind ausbalancierte Gebilde mit stimmiger Architektur. Im breiten Spektrum dessen, was Bop sein kann (auch etüdenhaftes Gedudel gibt sich schon mal als Bop aus) steht Tom Harrell in einer Linie mit den großen Melodikern, erweist er sich als würdiger Nachfolger von Miles Davis, Art Farmer oder Freddie Hubbard.

Marcus A. Woelfle, 01.09.2007


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