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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Schubert

Lieder "An den Mond", Chants nocturnes

Dietrich Henschel, Helmut Deutsch

harmonia mundi HMF 901822
(76 Min., 5/2003, 1/2004) 1 CD

Dietrich Henschel gehört zu jenen Sängern, die genau wissen, was sie wollen. Das originelle Programm "An den Mond" hat er zunächst für die Schubertiade Schwarzenberg zusammengestellt; Ausgangspunkt war das Lied "Der Wanderer" mit dem Text von Friedrich von Schlegel, in dem der Mond dem Menschen den Rat gibt, nach seinem Vorbild in der Freiheit des Wechsels mutig den eigenen Weg zu gehen. Das Motiv des Wanderns berührt das zentrale Anliegen der Romantik: Der Mensch als Verlorener, Unbehauster, den aber alle guten Kräfte in eine (unbekannte) Heimat ziehen, wo er der bessere Mensch sein darf. Das Leben als Reise, die Reise als Ziel: "Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh‘ ich wieder aus", das ist unser Schicksal. Das Meer, der Wind, der Sturm, der Fluss, das Bächlein, die Krähe, das Heimweh und eben der stille Mond sind unsere Reisebegleiter. Die CD eröffnet mit einem der "Reise"-Lieder "Der Wanderer an den Mond", in dem der Schritt als rhythmisches Maß Melodie und Atmosphäre inspiriert. Über Stimmungsbilder, in denen der Mond eine ganz andere Rolle übernimmt, nämlich die des Liebeszeugen (in dem herrlich strömenden "Im Freien" oder in "An die Apfelbäume", eine Hymne an die Gefühle) geht es zum Mond als Augenzeugen eines grausigen Mordes (düster-dramatisch "Der Zwerg"), oder im Verein mit Abend und Nacht als Mahnmal der Vergänglichkeit allen Menschlichen (weit ausholend in "Nachtstück" oder süß schmerzend in "Auf dem Wasser zu singen") bis zum Ultimum der Nachtmetaphorik, den Totengräberliedern. Henschel versucht den ganzen Reichtum der Expression im Lied darzulegen, und es steht ihm tatsächlich ein großes gestalterisches Repertoire zur Verfügung. Wie schön gelingen ihm das disziplinierte "Meeres Stille", das grandiose "Nachtstück" oder das mitleidvolle "Zügenglöcklein", und man muss die Leichtigkeit bewundern, mit der er die so schwierigen Übergänge von einer Stimmung in eine andere bewältigt, die nur wirken, wenn sie quasi unbemerkt vonstatten gehen. Mit geschmeidiger Kraft gestaltet er die Linien, führt sie von einem Höhepunkt zum nächsten, wobei Text und Musik vorbildlich verschmelzen. Selten allerdings passiert etwas Überraschendes, das Solide, intellektuell sauber Durchdrungene herrscht vor. Jedes Gefühl ist analysiert, nichts reißt uns beim Hören in den Abgrund der Subjektivität. Dennoch: sehr zuhörenswert, viele Liedsänger dieser Qualität gibt es leider nicht, und zudem spielt Helmut Deutsch ausgezeichnet.

Helga Utz, 01.09.2007


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