Archiv Produktion 028946 35902 0
(63 Min., 08/2000) 1 CD
Es ist wahrhaftig staunenerregend, welchen musikalischen Reichtum die Kantaten Johann Sebastian Bachs bergen, und da wird es schon verständlich, dass John Eliot Gardiner "gern ein Jahr allein in seiner Gesellschaft" verbringen wollte. So hat er sich auf eine Pilgerfahrt zu Bach gemacht und an verschiedenen Aufführungsorten in Europa die jeweils den Sonntagen des Kirchenjahres entsprechenden Kantaten aufgeführt. Ein gewaltiges Unternehmen mit wunderbaren Ergebnissen, wie diese CD mit den Leipziger Kantaten zum 9. Sonntag nach Trinitatis belegt, ein Konzertmitschnitt aus Meran.
So unterschiedlich die drei Kantaten sind, gemeinsam ist ihnen eine starke Ausrichtung auf den instrumentalen Part, der bei der Kantate „Was frag ich nach der Welt“ BWV 94, das barocke dualistische Menschenbild verdeutlichend, gegenüber dem menschlichen Madensack-Bewusstsein des Textes den Teil der fröhlichen Weltzugewandtheit übernimmt. Allen Nuancen der Partitur, allen artikulatorischen Arbeitsergebnissen von Gardiner folgen die Englischen Barocksolisten im Solo wie im Ensemble mit solcher Spielfreude, Spielwitz im ursprünglichen Sinn, technischer Überlegenheit und musikantischer Vitalität, dass sie das eigentliche Ereignis der Aufnahme sind.
Dass der Monteverdi-Chor eine prachtvolle Balance zwischen ausgeglichenem Klang und artikulatorischer Präzision besitzt, beweist er nicht erst in dem Eingangschor zu einem der Klangwunder in Bachs Kantatenschaffen: „Herr, gehe nicht ins Gericht“ BWV 105. Fast immer sind die Choräle eigentlicher Qualitätsmaßstab, und wie könnte die Verbindung von Text und Musik schöner verwirklicht werden als im Schlusschor von „Tue Rechnung“ BWV 168, und bei Gardiner akzeptiert man sogar die etwas martialische Glaubensgewissheit am Ende der Kantate BWV 94.
Die Solisten entsprechen in den meisten dramatischen, aber auch den seelenvolleren Partien dem Niveau von Chor und Orchester. Und dennoch: Ist man stilistisch hinterwäldlerisch, wenn man sich einmal wieder ein wirkliches Bass-Timbre und einen Frauen-Alt ohne hochartifizielle stimmliche Vorläufigkeit wünscht? Trotzdem: Diese Aufnahme hat einen Ehrenplatz unter meinen Bach-Kantaten.
Matthias Kornemann, 01.12.1999
Diese CD können Sie kaufen bei:
Als JPC- und Amazon-Partner verdienen wir an qualifizierten Verkäufen
Für diese Rezension gibt es noch keine Kommentare.
Ihre Wochenempfehlung der RONDO-Redaktion
An dieser Stelle finden Sie Inhalte eines Drittanbieters, die Sie mit einem Klick anzeigen lassen können.
Mit dem Laden des Audioplayers können personenbezogene Daten an den Dienst Spotify übermittelt werden. Mehr Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen.
Die Klavierkonzerte Nr. 11, 12 und 13 waren Mozarts erste Konzerte, die er nach seinem Umzug von Salzburg nach Wien komponierte. In einem Brief an seinen Vater Leopold beschrieb er sie als „ein glückliches Mittel zwischen zu leicht und zu schwer; sehr brillant, angenehm für das Ohr und natürlich, ohne fade zu sein“. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Mozart bereits von seinem dominanten Vater emanzipiert. Sein Ziel war es, mit diesen Stücken das Wiener Publikum zu erobern. Tatsächlich […] mehr