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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach

"Bach oder nicht Bach" - Frühe Cembalowerke von Bach, deren Echtheit angezweifelt wird

Christian Rieger

Glissando/G&H 779 011-2
(73 Min., 01/2000) 1 CD

Die großen Komponisten bis zur Klassik schrieben für viele Menschen, nur nicht für die Nachwelt. Sie kamen gar nicht auf die Idee, die vielen großen und kleinen Stücke, die ihnen aus der Feder flossen, aufzulisten und ihre Entstehungsgeschichte zu dokumentieren. Komponieren war Tagesgeschäft. Und weil – ganz im Gegensatz zu heute – im Barock die Idee künstlerischer Einzigartigkeit noch eine recht fremde Vorstellung war, machten sich die Meister auch nicht die Mühe, zu vermerken, wenn sie ein Thema, einen Satz oder ein ganzes Stück von einem Kollegen übernommen oder bearbeitet hatten. Die Erforschung dieser Tatbestände leistet heute die Musikwissenschaft. Sie stellt die Frage, die dieser CD als Titel vorangestellt ist: Bach oder nicht Bach?
Der Cembalist Christian Rieger gibt darauf freilich keine Antwort. Er behauptet sich im Nebel der Vermutungen glänzend mit dem, was er in Händen hält: Mit den Werken, an deren Entstehung – vielleicht – Bach irgendwie beteiligt war. Das am Anfang stehende "Concerto" zum Beispiel stammt im Original von Prinz Johann-Ernst von Sachsen-Weimar. Bach hat das ursprüngliche Violinwerk harmonisch und kontrapunktisch angereichert und für Orgel und Cembalo gesetzt. Das Ergebnis ist ein lebendiges Stück, das wie ein ins norddeutsche verlegter Vivaldi klingt – durchaus eine Bereicherung.
Und es gibt noch mehr zu entdecken: Bachs frühe Versuche auf dem Gebiet der französischen Ouvertüre zum Beispiel, von denen freilich niemand genau sagen kann, ob es sich um Studienabschriften oder Originalwerke handelt, oder die wahrscheinlich früheste bekannte Fuge Bachs - ein flüssiges Werkchen in G-Dur.
Der Andreas-Staier-Schüler Christian Rieger erweist sich in diesem originellen Bach-Programm als großer Barockinterpret. Sein Cembalospiel zeichnet sich durch großzügig atmendes Spiel aus und vereint viel Sinn für motivische Details mit großzügiger Virtuosität. Der von Rieger verfasste Beiheft weiht auch den Neuling in die interessanten historischen Hintergründe dieser Stücke ein. Für die Sorgfalt der Produktion spricht auch ein durchdachter Tonartenplan in der Abfolge - ein Aspekt, der leider viel zu oft vernachlässigt wird, denn auch Laien empfinden als eigenartig, wenn auf ein Es-Dur-Stück eine Komposition in d-Moll folgt.

Oliver Buslau, 01.09.2007


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