Erato / Warner Classics 2 CDs 092746684-2
(117 Min., 7/2002)
Nur 26 Jahre alt wurde Giovanni Battista Pergolesi (1710-1736), und trotz seiner kurzen Schaffenszeit gelang es ihm, Musikgeschichte zu schreiben. Heute gilt er als Vermittler zwischen Barock und Klassik; obwohl er 14 Jahre vor Bach und Händel starb, klingt vieles von ihm bereits sehr nach Mozart. Vor allem zwei Werke haben Pergolesi schon zu Lebzeiten berühmt gemacht: Die Oper "La Serva Padrona" und das "Stabat Mater", das bis zum Ende des 18. Jahrhunderts als Vorbild für mustergültige Kirchenmusik galt (nebenbei bemerkt: Bach war zu dieser Zeit so gut wie vergessen). Pergolesis Berühmtheit reizte viele nach seinem Tod fremde Werke unter dessen Namen zu verbreiten. Erst seit recht kurzer Zeit hat man erforscht, was überhaupt von Pergolesi ist und was ihm nur zugeschrieben wurde.
Der Musikwissenschaftler Malcolm Bruno hat dies zum Anlass genommen, eine Vesper des Komponisten zu rekonstruieren, die Pergolesi für den Dezemberabend 1732 plante und zum Teil auch ausgeführt hat. Bruno bezieht seine Quellen aus vollendeten und fragmentarischen Pergolesi-Stücken, manches ergänzte er durch so genannte Kontrafaktur - also durch Neutextierung weltlicher Kompositionen, was im 18. Jahrhundert durchaus üblich war. Das Ergebnis ist gewaltig. Ich muss zugeben, ich hätte nie gedacht, dass Pergolesis Werk so vielseitig ist: Arien, Chöre, Instrumentalsonaten und Duette fügen sich zu einem Pergolesi-Panorama, wie man es noch nie zu hören bekommen hat.
Besonderen Anteil an der Natürlichkeit und dem stilistischen Reichtum der Musik haben natürlich die Interpreten, die diese Kirchenmusik ganz stilgemäß opernhaft angehen und den Klagen der Gemeinde (Ad te clamamus), die Freude über die Gottesgewissheit (Magnificat) in theatralischen Glanz kleiden. Trotz der, wie damals üblich, recht sparsamen Instrumentierung mit schlanken Streichern und gelegentlichem Holzbläsereinsatz und Trompetenvergoldung, sorgt Edward Higginbottom in den fast 2 Stunden für dramatische Zugkraft; die Solisten (vor allem Sophie Daneman und Noemi Kiss) überzeugen mit vokalem Schmelz.
Oliver Buslau, 08.02.2003
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