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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Charles Koechlin

La course de printemps op. 95 (aus "Le livre de la jungle"), Le buisson ardent op. 203 & 171 (Sinfonische Dichtung nach einer Epsiode aus dem Roman "Jean-Christophe")

Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, Heinz Holliger

Hänssler Classic CD 93.045
(72 Min., 2/2000, 2/2001) 1 CD, live

1895 erschien Rudyard Kiplings "Dschungelbuch" auf französisch; vier Jahre später las es der Komponist Charles Koechlin mit Begeisterung. Die Geschichte von Mowgli, dem Jungen, der im Dschungel unter Tieren aufwächst, beschäftigte ihn für Jahrzehnte, und er komponierte über einen langen Zeitraum ein mehrteiliges Werk mit dem Titel "Le livre de la jungle". Ein besonderer Moment in Kiplings Roman ist Mowglis "Frühlingslauf": Der Naturknabe spürt in allen Fasern seines Körpers, dass er erwachsen wird. Merkwürdige Ahnungen und Empfindungen lassen ihn daran glauben, ein Gift genommen zu haben. Mit einem Lauf durch den Dschungel ("La course de printemps") will er es sich austreiben, doch er kann seinem Schicksal nicht entkommen. Ein ähnlicher Durchbruch, eine Art Wiedergeburt, erfährt der Held Jean-Christophe in Romain Rollands berühmtem Künstlerroman: Desillusioniert zieht er sich in die Berge zurück und verfällt in psychische Starre, bevor ihn das Gefühl eines neuen Aufbruchs packt.
Der leider immer noch viel zu wenig bekannte Charles Koechlin steht in der Tradition Debussys und Ravels. Seine Musik ist geprägt von hypersensibler Instrumentationskunst; nicht mehr Themen, sondern fein verästelte permanente Motivverwandlungen schaffen den roten Faden seiner extrem farbigen Partituren. Es ist sicher ein großes Verdienst für Heinz Holliger, dass er die Neubelebung von Koechlins Œuvre fördert; insofern ist der Live-Mitschnitt von Konzerten in Stuttgart und Sindelfingen zu begrüßen. Leider spürt man aber deutlich, dass in Sachen Koechlin-Wiederentdeckung das letzte Wort noch lange nicht gesprochen ist. Der Einspielung fehlt es in vielen Momenten an illustrativer Kraft, an Expressivität und Spannung. Holliger interpretiert glasklar analytisch und präsentiert die Klanglandschaften sehr transparent, manchmal jedoch auch recht trocken. Das ist vielleicht ein ästhetisches Problem; so mancher, der Koechlin kennen lernen will, mag darüber hinwegsehen.

Oliver Buslau, 01.09.2007


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