Nach "Electric Sufi" tat sich der tunesische Oud-Spieler und Sänger Dhafer Youssef für sein drittes Album "Digital Prophecy" abermals mit (Jazz)musikern seiner Generation zusammen, für die in der wurmstichigen Weltmusik-Schublade längst kein Platz mehr ist. Mit Bugge Wesseltoft (p), Nils Petter Molvaer (tr), Eivind Aarset (guit), Dieter Ilg (b) und Rune Arnesen (dr) hat Youssef wahrhaft eigenwillige Hochkaräter um sich versammelt, die ihn auf seiner Reise durch arabische Melodienlandschaften und mystische Sufi-Tradition mal minimalistisch, mal groovig bis funkig begleiten. Wie sein Kollege Rabih Abou-Kahlil bevorzugt er als Instrumentalist das für die arabische Musik typische lineare "Geschichtenerzählen" - anders als sein etablierter Kollege verfällt er dabei jedoch nicht in gelegentlichen virtuosen Leerlauf. Eine überwältigende Ausdruckskraft entwickelt Youssef als Sänger. Hier spürt man die ganze Hingabe des 36-Jährigen, der einst bekannte: “Fliegen wollen, das ist es, was zählt”. In "Ysamy" sucht er die Verbindung von tief empfundenen gesanglichen Höhenflügen und coolem Programming-Sound seiner Mitmusiker - der Prophet im Digital-Land meistert diese Gratwanderung in erstaunlicher Weise. Reizvoll auch das Duett "Dawn Prayer" mit Bugge Wesseltoft, in dem sich inbrünstige sufistische Gesangslinien über das kühl und fremdartig wirkende Klavierspiel des Norwegers erheben - "Officium" goes arab.
"Digital Prophecy" macht Spaß, denn Dhafer Youssef gelingt dank seiner musikalischen Intensität und der Klasse seiner Sidemen ein Kunststück globaler Improvisation, das tatsächlich wegweisend sein könnte, wie man zukünftig zwanglos und frei von Ethno-Weichspülern mit Musikstilen verschiedenster Herkunft umgehen kann.
Tilman Stamer, 12.07.2003
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