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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Joseph Haydn

Sinfonien Nr. 70, 71 und 73

Nicolaus Esterházy Sinfonia, Béla Drahos

Naxos 8.555708
(69 Min., 7/2000) 1 CD

In Ungarn scheint ein Stil der Haydn-Interpretation beheimatet zu sein, der gleichermaßen weit entfernt ist von veralteten Rokoko-Klischees wie von den gegen den Strich gebürsteten Rauheit der Originalklang-Liga. Haydn als Komponist der Vernunft, als Klassiker mit Herz, aber ohne Zopf - so steht er vor uns in den Interpretationen des Kodály-Quartetts, des Festetics-Quartetts und eben auch der Nicolaus-Esterházy-Sinfonia unter ihrem Leiter Béla Drahos. Ihr homogenes, transparentes, allen Extremen abholdes Klangideal steht zumindest den hier präsentierten Sinfonien gut zu Gesicht, wenn auch nicht alle Einzelheiten der Partituren so zur Geltung kommen, wie es möglich wäre.
Nehmen wir zum Beispiel die Nummer 70, eine der interessantesten unter den weniger gespielten Sinfonien Haydns. Von verschleierter Schönheit das Andante, einer jener geheimnisvollen Andante-Sätze Haydns, bei denen sich Melancholie hinter dem Stoizismus gleichmäßigen Marschierens verbirgt; der zweite Satz der "Paukenwirbel"-Sinfonie ist ein weiteres Beispiel. Ebenso geheimnisvoll das Finale mit seinen ständigen Tonrepetitionen und seiner fast klerikal anmutenden Doppelfuge; die Wendung nach Dur kurz vor dem Ende wirkt erzwungen und wird auch durch den unwirschen Unisono-Schluss wieder aufgehoben.
Bei Drahos und seinem Orchester klingt das alles sehr schön und in sich stimmig, doch letztlich zu gemütlich. Die Einspielung von Simon Rattle (EMI) bringt, bei fast identischen Tempi, die emotionale Zwielichtigkeit des faszinierenden Werks besser zum Ausdruck undverfügt auch über ein viel breiteres dynamisches Spektrum.
Ähnliches lässt sich über die Sinfonie Nr. 73 "La Chasse" berichten, deren Jagdhörner-Finale etwa unter Nikolaus Harnoncourt eine weit größere Dynamik entfaltet. Wenn ich schreibe, dass die Esterházy-Sinfonia einen interpretatorischen Mittelweg beschreitet, so ist das gar nicht so abwertend gemeint, wie es vielleicht klingt. Doch Mittelwege sind selten aufregend, und Haydns Musik ist nun einmal genau dies: aufregend.

Thomas Schulz, 01.09.2007


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