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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Suspicious Activity

The Bad Plus

Columbia/Sony 82876 74188 2
(70 Min.)

"Bad Plus" klingen anders. Die drei Amerikaner ließen sich von den Toningenieuren den Kontrabass dumpfer und dunkler als üblich auslegen, beziehen zudem in einem artifiziellen Garagensound Übersteuerungsmomente ein und lieben einen Schlagzeugsound, der manchmal an Amateuraufnahmen erinnert und doch höchst kunstvoll eingepegelt ist. Diese Äußerlichkeiten machen sie zu etwas Besonderem. Ja, sie könnten der Band sogar ähnlichen Kultstatus bescheren, wie ihn das skandinavische Trio E.S.T. schon besitzt. Zudem integriert The Bad Plus die Rhythmen von Techno und HipHop in ihre Nummern - ihr Jazz swingt nicht altmeisterlich. Er rockt und pulst, wobei der Schlagzeuger David King und der Bassist Reid Anderson die Hauptverantwortung für den enormen Drive tragen. Der Pianist Ethan Iverson kommuniziert intensiv mit ihnen - mal, indem er mit ihnen gleichzeitig spielt, mal, indem er raffiniert gegen sie angeht und effektvolle Breaks einleitet. Die zehn Titel folgen einer ebenfalls auf Abwechslung ausgerichteten Dramaturgie. In den ersten vier Titeln steigert sich die Risikobereitschaft: vom einleitenden "Prehensile Dream" bis zum mit überraschenden Brüchen angefüllten, kraftvollen Zug und verharrende Post-Free-Jazz-Momente kontrastierenden "The Empire Strikes Backwards". Mit dem fünften Titel "Knows the Difference" kommt brüchige Balladen-Seligkeit ins Spiel - so etwas ist selten zu hören. Das bedarf der Antwort des hymnischen "Lost Of Love". Mit einem einprägsamen, die klaren Muster eines Filmtrailers gegen Klangcollagen setztenden, wieder verstärkt mit Übersteuerungseffekten arbeitenden "(Theme From) Chariots of Fire" schließt sich der Kreis. So wirkt die langsame Schlussnummer "Forces" wie ein besinnliches, zum Neustart der Disc motivierendes Finale. Der Grundgestus des Albums erinnert an den Vorgänger "Drive". Wie nahe die drei dem Pop sind, zeigt sich daran, dass man versucht ist, dies als Manko zu kennzeichnen. Aber dies wäre ungerecht, denn wer wirft einem Oscar Peterson, Fats Waller, Chick Corea oder Keith Jarrett vor, dass sie nach Oscar Peterson, Fats Waller, Chick Corea oder Keith Jarrett klingen. Andersrum wird ein Schuh draus: The Bad Plus kultivieren einen eigenen, ebenso unverwechselbaren wie ungewöhnlichen Stil. Die drei geben sich wild und morbid. Doch sie verfügen über das Strukturbewusstsein erstklassiger Jazzer.

Werner Stiefele, 01.09.2007


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