Die jungen Amerikaner Ethan Iverson (p), Reid Anderson (b) und David King (dr) bilden das Klavier-Trio "The Bad Plus". Ihr erstes bei einem Major-Label vorgelegte Album "These Are The Vistas" verspricht neben Eigenkompositionen aller drei Mitglieder die "Dekonstruktion" von Rock- und Popklassikern wie Nirvanas "Smells like teen spirit" oder Blondies "Heart of glass". Man ist gespannt - wenig später enttäuscht. Denn die hier demonstrierte Vorgehensweise ist in Zeiten, in denen alles mit jedem crossovert, keinesfalls neuartig, und eine in Zusammenhang mit diesem opus immer wieder proklamierte Neudefinition des Jazz ist für den Rezensenten weit und breit nicht in Sicht. Vielmehr kommen die Titel als ziemlich konventioneller Straight Jazz daher, mit der Besonderheit, dass vieles etwas lauter und aggressiver als üblich vorgetragen wird. Den meisten Eigenkompositionen tut dies wenig gut, und ausgerechnet im Falle des Nirvana-Klassikers reicht die Gewalt nicht aus - hier stellt sich jenes schale Gefühl von "da fehlt doch was" ein, das man von schlechten Klaviertranskriptionen Beethoven'scher Sinfonien kennt.
Innerhalb des Trios, das sich - hoffentlich augenzwinkernd - "the loudest piano trio ever" nennt, nervt insbesondere das rabiate Schlagzeugspiel David Kings - gute Vertreter unter seinen Rockmusik-Verwandten haben längst gezeigt, dass sich körperliche Kraftakte und rhythmische Raffinesse nicht ausschließen müssen. Um besagte Vertracktheit wiederum bemüht sich Pianist Ethan Iverson, die Musik entwickelt bisweilen auch einen ansehnlichen Drive, doch wirken seine Linien unausgegoren floskelhaft, und sein Hang zu exzessiven Sequenzierungen grenzt spätestens bei "Silence is the answer"(!) ans Unerträgliche. Das klangschöne und präzise Spiel des Bassisten kann bei all dem kaum Trost spenden, und es bleibt nach mehrmaligem Hören der Gesamteindruck: irgendwie überflüssig.
Tilman Stamer, 26.07.2007
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