Es ist schräg, was hier zu hören ist. Das auf jeden Fall. Aber eben auch faszinierend eigenwillig. So wie der ganze Künstler Georg Nigl. Den muss man mögen, auf der Bühne, wie im Aufnahmestudio. Weil er so anders ist, gern ein wenig übertrieben, aber stets mit Herzblut, Sinn und Verstand. So entstehen ebenso eigenwillige Vokalporträts, als Rollen wie in Liedform. Sogar wenn man ihn nicht sieht, den ehemaligen Wiener Sängerknaben, vom Sopran zum Bariton herabgesunken: Er ist ein genuiner Erzähler, der selbst mit rein stimmlichen Mitteln bannt.
Besonders wenn er Erzählerisches interpretiert wie auf seiner jüngsten Veröffentlichung mit bekannten Liedern und Balladen der großen Romantiker Franz Schubert, Robert Schumann, Carl Loewe und Hugo Wolf. Schon in Schuberts 15-minütiger „Viola“ ist dieses genuine Talent zwischen den wiederkehrenden „Schneeglöcklein“-Invokationen fast zu greifen. Da greint und knatscht er, sucht aus Wahrheit gern das Groteske, säuselt abgefeimt, dass es einem gruselt. Und die selbstbewusst, aber in totaler Klanggemeinsamkeit ihm folgende Olga Pashchenko ist erst auf einem Fortepiano nach Conrad Graf (Wien, 1826) und später auf einem Steinway-Konzertflügel von 1875 eine toll schmiegsame Tastenpartnerin.
„Echo“ fesselt sofort, so müssen Liedplatten sein. Nigls Singen ist seligsüß und bös abgefeimt, ein Virtuose romantischen Horrors erster Güte, Gänsehaut garantiert. Diese zwanzig Lieder sind eine Feier der schwarzen Romantik, weich verpackt, doch liebreizend abgefeimt. Sehr richtig deutet sie der unbedingt vom Text ausgehende Nigl als „Traumbilder, wie sie erst durch Sigmund Freud ihre psychologische Deutung erfahren haben. Doch wollte ich diese schaurig-schönen Geschichten mit möglichst vielen und zum Teil unerhörten Farben erzählen.“ Das ist ihm ganz wunderfein gelungen.

Manuel Brug, 03.06.2023

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