Daft Punk – das war einmal. Von 1993 bis 2021 firmierten Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter, ja, die eleganten Herren im Anzug mit Roboterhelmen, als legendäres Duo der French-House-Musik. Doch wie das oft so ist, wenn man ein wenig in die Jahre kommt, möchte man ein wenig gesetzter, ja klassischer werden. So auch der heute 48-jährige Bangalter. Daher hat er auf Anfrage des französisch-albanischen, mit seiner Truppe in Aix-en-Provence angesiedelten Choreografen Angelin Preljocaj nun seine Post-Daft-Punk-Phase eingeleitet – mit einem neunzigminütigen Ballett, prallvoll mit antikem Personal und den entsprechenden musikalischen Anspielungen. Der Titel so simpel wie beschreibend: „Mythologies“.
Im Sommer 2022 war die erfolgreiche Premiere im Grand Théâtre de Bordeaux. Und dessen Hausband, das Nationalorchester Bordeaux Aquitaine, hat die schillernde Partitur unter dem zuverlässig-versatilen Romain Dumas auch aufgenommen. In dem Zweiakter mit insgesamt 23 Nummern, die „Die Amazone“, „Danae“ oder „Zeus“ heißen, „Der Minotaurus“, „Eden“, „Aphrodite“, „Ikarus“ oder „Grabestanz“ und „Der Krieg“, geht es klanglich so eklektisch wie zitatenreich zu. Thomas Bangalter erfindet nicht die Musik neu, er zitiert sich lieber mit farbenreicher Fabulierlust durch die Musikgeschichte von Beethoven bis zur Moderne. Schlachten klingen nach Schostakowitsch, Liebe nach Debussy. Das hat durchaus ein nostalgisch-sentimentalisches Sehnsuchtsmoment, doch Bangalter sucht und findet immer wieder auch einen eigenen, etwas nüchternen Tonfall in all der liebevoll ausgepinselten Polystilistik. Zu erleben sind vor allem feine Beats und guter Groove, tanzbar kann der Komponist selbstredend.

Manuel Brug, 08.04.2023

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