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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



„The Unreleased Masters“, das klingt bewusst sehr bedeutungsgeschwollen für ein paar unveröffentlichte Jessye-Norman-Bänder, aber so mancher Hard-Core-Fan der schwarzen Soprangöttin hat eben darauf seit Jahrzehnten gewartet. Man wusste, dass sie 1998, da war sie über 50 Jahre alt, mit Kurt Masur und dem Gewandhausorchester „Tristan“-Ausschnitte aufgenommen hatte, aber freigegeben wurden sie, wie so manches andere, bisher nicht. Da war sie überkritisch. Dreieinhalb Jahre nach ihrem Tod haben die Norman-Erben nun die Zustimmung erteilt.
Zu hören sind also – der junge Ian Bostridge, als Seemann, macht nach einem eher flügellahmen Vorspiel den Vokalauftakt – Isolden-Ausschnitte aus dem ersten Akt, Teile des Liebesduetts und der von ihr bereits mehrfach aufgenommene Liebestod. Masur ist sehr stoisch, Norman flackert bisweilen, lässt aber auch herrlich maestos fließende Linien erleben. Thomas Moser ist ein heller, fokussierter, gut passender Tristan, Hanna Schwarz als Brangäne meist neben der Intonationsspur.
Ja, das ist alles ganz ordentlich, mystisch tönt anders. Bei den schwammig abgemischten „Vier letzten Liedern“ von Richard Strauss unter James Levine mit den Berlinern singt Jessye Norman 1989 vergeblich gegen die eigene Legende von 1982 an, Wagners Wesendonck-Lieder mit der gleichen Combo sind allerdings verführerisch-üppiger als auf der Sir-Colin-Davis-Einspielung.
Bleibt ein Konzert-Mitschnitt aus Boston unter Seiji Ozawa von 1994, wo sie stilistisch reizvoll drei musikalisch unterschiedliche antike Frauengestalten mischt: Ariadne (Haydn), Kleopatra (Berlioz) und Phaedra (Britten). Haydn (mit Klavier) und Berlioz sind ebenfalls Repliken, aber spontaner, direkter angegangen, die Gattin des Theseus ist eine echte Premiere. Also, ja, für 16 Minuten royalen Britten und 50 Minuten schön schaumiges Wagnerwohlfühlbad kann man sich das Set schon leisten.

Manuel Brug, 08.04.2023


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