Zu den musikalischen Idolen des inzwischen 80-jährigen österreichischen Komponisten, Dirigenten und Chansonniers HK Gruber gehört bis heute Kurt Weill. So schätzt Gruber an ihm besonders die Kunst, auf höchstem Niveau und stets mit enormem Raffinement „kommunikative Musik“ geschrieben zu haben. Populärstes Beispiel dafür ist selbstverständlich Weills „Die Dreigroschenoper“, die Gruber 1999 in einer längst legendären Aufnahme mit u.a. Nina Hagen und Max Raabe dirigiert hat. Nun musste aber fast ein ganzes Vierteljahrhundert vergehen, bis Gruber sich zumindest auf Tonträger endlich wieder mit Weill zurückmeldet.
Neben den beiden Sinfonien hat er mit dem Schwedischen Kammerorchester Ausschnitte aus der Schauspielmusik „Der Silbersee“ aufgenommen. Und gleich die Ouvertüre zu diesem 1933 uraufgeführten Stück lässt Gruber mit einem ungemein forsch-motorischen Drive hinlegen. Zweiter Höhepunkt dieser vierteiligen Mini-Suite sind aber auch die Liedeinlagen, in denen der Stimmschauspieler Gruber sein herrlich flottes und freches Organ ausfahren kann. Vom anspringenden (Moritaten-)Geist her passt dies ideal zur 2. Sinfonie, die Weill 1933/34 unter dem Titel „Fantaisie symphonique“ mit seiner markanten Klanghandschrift geschrieben hat. Expressionistisch atemlos schneidend und vehement wuchtig kommt dagegen die „Sinfonie in einem Satz“ daher, die Weill 1921 noch während seiner Zeit bei Ferruccio Busoni komponierte. Dieses Gegenstück zum eher eingängigeren, späteren Weill musizieren Gruber und das Schwedische Kammerorchester mit einer schon fast atemberaubenden Schlagkraft, Fulminanz und Kontrastschärfe. Weills Moderne hatte eben viele Facetten. Und bei Gruber klingen sie zeitlos modern.

Guido Fischer, 04.03.2023

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