Angesichts der Gewissheit, dass die Bach-Gemeinde unter den Lautenisten und Gitarristen leider wohl nie mehr als drei Originalwerke spielen wird, hat man über Bearbeitungen und Transkriptionen aus der Not eine immerhin erfolgreiche Tugend gemacht. Bachs Cello-Suiten und Violin-Partiten sind schließlich aus dem Repertoire nicht mehr wegzudenken.
Für sein Bach-Album hat der französische Gitarrist Thibault Cauvin aber jetzt nicht allein jene Partita BWV 1004 ausgewählt, die in der großen d-Moll-Chaconne gipfelt. Abgerundet hat er sein Programm mit einer Fassung des ultimativen Orgelhits Toccata & Fuge BWV 565 sowie mit drei Bach-Paraphrasen aus der Feder Jordan Cauvins. Für diese drei „Autrements“ hat sich der jüngere Bruder von Thibault von drei Präludien weniger inspirieren als vielmehr eng an die Hand nehmen lassen. Denn bis auf das nun leicht angesüßte Präludium BWV 846 kommen das Eröffnungsstück der ersten Cello-Suite BWV 1007 sowie das Präludium BWV 855a ziemlich originalgetreu, dafür mit neuem Schwung daher.
Dagegen hat sich die Frage, ob sich ein Sechssaiter nicht doch leicht an der Toccata & Fuge BWV 565 überheben kann, schnell erübrigt. Denn mit seiner dynamisch reichen Palette und facettenreichen Anschlagskultur schafft es Cauvin mühelos, aus dem linearen Fluss ein dreidimensionales Klanggebäude mit zahlreichen subtilen Ein- und attraktiven Ausblicken entstehen zu lassen. Und dieser Eindruck findet seine Fortsetzung eben in der Chaconne – für die Cauvin in den vier vorausgegangenen Sätzen mit seinem exquisiten und leuchtenden Legato-Spiel das entsprechende Fundament ausgebreitet hat.

Guido Fischer, 18.02.2023

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