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N° 1354
20. - 29.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Schubert

Sinfonie D 944 „Große C-Dur“, Sinfonie h-Moll D 759 „Unvollendete“

B’Rock Orchestra, René Jacobs, Tobias Moretti

Pentatone/Naxos PTC5186894
(87 Min., 12/2020)

Noch zu Ludwig van Beethovens Lebzeiten, nämlich 1825, komponierte Franz Schubert seine „große“ C-Dur-Sinfonie, in der er sich endgültig vom großen Vorbild löste und ein ganz neues Konzept einer epischen Sinfonie-Landschaft kreierte: Zu lange freilich blieb das utopische Potenzial dieser letzten vollendeten Sinfonie unter dem dunklen Schleier eines vermeintlich todestrunkenen Spätwerks vergraben, so dass der längst fällige Stimmungsumschwung erst in den letzten Jahren, und da vor allem bei den Historisten, einsetzte, so etwa bei den wegweisenden Aufnahmen John Eliot Gardiners, Charles Mackerras‘ oder Thomas Dausgaards. Die jetzt erschienene neue Einspielung des belgischen Orchesters B’Rock unter dem Originalklang-Pionier René Jacobs bildet den Abschluss eines vierteiligen Gesamtprojekts aller Schubert-Sinfonien, das schon in den vorangegangenen Folgen durch seine drängende Frische und seinen rustikalen Charme die Bedeutung dieser stets unterschätzten Jugendwerke energisch unterstrich. Umso erstaunter war ich über die moderaten, ja stellenweise gebremst wirkenden Tempi, die Jacobs jetzt in der großen C-Dur-Sinfonie in allen vier Sätzen anschlägt, und so die 47-köpfige Truppe zu einer fast pedantisch anmutenden Detailgenauigkeit anhält, so dass er die „himmlischen Längen“ dieses Schlüsselwerks 61 Minuten lang auskostet, während etwa schon Altmeister George Szell im Jahr 1967 dafür nur 46 Minuten benötigte. Vor allem das tänzerisch-verspielte Scherzo und das enthusiastische Finale verbreiten wenig Aufbruchstimmung, sondern treten fast trotzig auf der Stelle. Und auch dem langsamen Satz fehlt die ganz spezifische geheimnisvolle Eleganz. So erleben wir hier einen Schubert, der noch sehr in den sinfonischen Kategorien Beethovens gefangen ist, und der hier eine Art willensstarke Alternative entwirft, anstatt sich vollständig von ihm zu lösen. Vor den beiden Sätzen der „Unvollendeten“ lässt Jacobs den Schauspieler Tobias Moretti Schuberts Erzählung „Mein Traum“ aus dem Jahr 1822 rezitieren, quasi als Einstimmung auf deren tragischen Inhalt. Es ist eine gelungene hermeneutische Beigabe, aber gewiss keine Erklärung für die mysteriöse Zweisätzigkeit des Werks.

Attila Csampai, 13.08.2022


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