Seine Idee von einer zeitlich exakt umrissenen Werkstruktur, die trotzdem dem Interpreten alle erdenklichen Freiheiten gibt, hatte John Cage ab 1987 mit seinen „Number Pieces“ realisiert. Komponiert für die unterschiedlichsten Besetzungen, können die Musiker sich in den bestimmten Zeitklammern frei bewegen. Anfang und Ende des gespielten oder gesungenen Tons sind genauso jedem einzelnen Interpreten überlassen wie seine Entscheidung, welche Lautstärkegrade er etwa dafür auswählt. Aus diesem hochgradig individuellen Musizieren einen in sich stimmigen, organischen Kollektivklang zu gestalten, erweist sich auch bei den Chorwerken von Cage als Schwerstaufgabe für jeden Dirigenten. Chorleiter Sigvards Kļava und seinem phänomenalen Lettischen Rundfunkchor dürfte aber jetzt die ultimative Einspielung von gleich drei chorischen „Number Pieces“ geglückt sein. „Five” (1988), „Four2” (1990) sowie das halbstündige „Four6“ aus Cages Todesjahr 1992 leben von einer meditativ-spirituellen Kraft, Weite und Tiefe, der man fast eine Klangseelenverwandtschaft zu den Werken Arvo Pärts attestieren möchte. Nicht weniger magisch fällt auch „Hymns and Variations” aus, dieses ruhig dahinfließende Chorstück, für das Cage 1979 auf amerikanische Hymen aus dem 18. Jahrhundert zurückgegriffen hat.
Guido Fischer, 23.07.2022
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