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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Hildegard von Bingen, George Enescu, George Benjamin u. a.

„L’Aurore” (Werke für Violine solo)

Carolin Widmann

ECM/Universal 002894856803
(70 Min., 7/2021)

Stolze 900 Jahre Musikgeschichte umspannt das jüngste Solo-Recital von Geigerin Carolin Widmann. Eine beachtliche Klangchronik, die vom Mittelalter über das Barockzeitalter und die klassische Moderne bis in die Gegenwart reicht. Und gleich Widmanns Eröffnungsstück ist durchaus überraschend. Zu Beginn spielt sie die Violinfassung der Antiphon „Spiritus sanctus vivificans vita“ der Komponistin und Äbtissin Hildegard von Bingen. Ein Stück, das für Widmann, wie sie im Booklet-Interview erläutert, das wohl erste Musikwerk sein dürfte, das man auf der Geige spielen kann. Wie ein Klagegesang einer einsamen, allein gelassenen Seele erklingt dieses einfache, schnörkellose Werklein nun. Zugleich verleiht Widmann ihm eine Intensität und Kraft, die sich geradezu als richtungsweisend für das nachfolgende Programm erweist. Dabei geht sie aber nicht nur anhand von Raritäten und Klassikern den Weg vom Kleinen ins Große; von der enthaltsamen, im Laufe des Albums noch ein zweites Mal aufgenommenen Antiphon hin zur Bachschen d-Moll-Partita mit der Chaconne als ultimatives Krönungswerk der Violingeschichte. Auch musikgeschichtlich entstehen immer wieder Brücken. Wie zwischen Bach und der Sonate Nr. 5 „L’Aurore”, die der belgische Geigenvirtuose Eugène Ysaÿe zusammen mit fünf weiteren Sonaten Anfang des 20. Jahrhunderts als moderne Antwort auf die Bach-Manifeste geschrieben hatte. Zu den Widmungsträgern zählte auch der rumänische Geiger George Enescu, von dem Widmann nun die kaum bekannte, herbe wie volksmusikalisch durchpulste „Fantaisie concertante“ ausgesucht hat. Und selbst den Bogen von Hildegard von Bingen in die Gegenwart hinein schlägt sie, mit drei liedhaften Miniaturen aus der Feder des Engländers George Benjamin. Das „L’Aurore”-Recital ist aber selbstverständlich viel mehr als nur ein musikgeschichtlicher Rundgang. Das Album erweist sich nämlich zuallererst als gelungene Einladung, die weit- und tiefblickende Violinistin, Musikerin, Künstlerpersönlichkeit Carolin Widmann näher kennenzulernen.

Guido Fischer, 09.07.2022


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