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N° 1354
20. - 30.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



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Franz Schubert

Klaviersonaten D 664, 769a, 894

Stephen Hough

Hyperion/Note 1 CDA68370
(58 Min., 4/2020)

Es sind auch solche winzigen Momente bzw. unausformulierten Dokumente, die einen etwas anderen Blick auf Vertrautes, Bekanntes ermöglichen. Gerade einmal eine Minute dauert das Sonatenfragment D 769a, das Franz Schubert wohl 1823 begonnen und gleich wieder zur Seite gelegt hat. Dieses unvollendete Stück in e-Moll lässt in dieser Form natürlich nicht erahnen, was möglicherweise daraus hätte entstehen können. Trotzdem setzt dieses im Grunde nie gespielte Werk jetzt die eigene Fantasie in Bewegung. Was auch an der unmittelbaren Nachbarschaft zu zwei überaus prominenten Sonaten Schuberts liegt, mit denen Stephen Hough diese Miniatur eingerahmt hat. Es sind die Klaviersonaten D 664 in A-Dur und D 894 in G-Dur, in die der zunächst gedankenverhangene, sich dann ins Wuchtige umkippende Ton der e-Moll-Sonate hineinstrahlt und zu diesen plötzlich eine geistige Nähe aufbaut.
So dramaturgisch geschickt diese Repertoire-Rarität in den Ablauf eingebaut ist, so verleiht Hough ihr dennoch nicht über Gebühr Gewicht. Überhaupt ist Hough im Grunde das genaue Gegenteil von einem Schubert-Grübler à la Brendel. Und auch die nackte Existenznot, die viele seiner Kollegen gerade aus der großen G-Dur-Sonate heraushören, ist nicht Houghs Sache. Er setzt vielmehr mit seiner Konzentration auf den Notentext und damit fernab aller interpretatorischen Tiefenbohrungen die Tradition eines Vladimir Ashkenazy fort. Dennoch besitzen die beiden großen Sonaten bei Hough Intensität und Kantabilität. Wobei er schafft, den Bogen vom Kleinen ins Große genauso sinnfällig zu gestalten wie umgekehrt. All das gelingt Hough unaufgeregt und unangestrengt – und damit ganz im Sinne dieser Musik Schuberts.

Guido Fischer, 18.06.2022


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