Nahezu jedes Album von Patricia Kopatchinskaja hat etwas von einer Wundertüte. Immerhin sind die Kontrastprogramme so konzipiert, dass immer auch Komponisten bzw. Werke erklingen, die man live nicht alle Nase lang hören kann. Bei ihrem aktuellen Album liegt der Schwerpunkt auf der amerikanischen Moderne. Um George Antheil, der Anfang der 1920er Jahren in Berlin und Paris zum „Bad Boy of Music“ aufstieg, sind Morton Feldman und John Cage als Vertreter einer auch minimalistisch agierenden Komponistengeneration gruppiert. Was aber Antheil mit ihnen verbindet, erschließt sich jetzt genauso wenig wie die Entscheidung, mit Ludwig van Beethovens Violinsonate Nr. 7 op.30/II einen regelrechten Fremdkörper in den Ablauf hineinzupressen. Nun gut: Das Booklet erwähnt, dass Antheil sich schon mal zu Beethoven geäußert hat. Was aber als Argument dann doch etwas wenig ist. Daher tut Kopatchinskaja das, was sie oft am liebsten tut: Sie geigt ihn heftig, robust, mit allerlei (scheinbar frechen) Effekten so lange gegen den Strich, bis man wohl glauben soll, dass Beethoven der Ur-Großvater von Antheil gewesen ist. Diese kalkulierte Überdrehtheit, mit der sich Kopatchinskaja gerne als Instinktmusikerin inszeniert, findet denn leider auch ihre Fortsetzung in Antheils 1. Violinsonate. All die hier verarbeiteten Einflüsse etwa von dem Ballettmeister Igor Strawinski wie von der außereuropäischen Musik stellt sie zusammen mit ihrem folgsamen Klavierpartner Joonas Ahonen übergrell aus und spielt – wie im 2. Satz – einfach über die impressionistischen Nuancen und den aufblitzenden Erik Satieschen Humor hinweg. Wenigstens die in sich ruhenden Stücke von Morton Feldman („Piece“, „Extensions Nr. 1“) sowie John Cages „Nocturne“ bleiben von den Kopatchinskajiaden verschont.

Guido Fischer, 11.06.2022

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