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N° 1354
20. - 26.04.2024

nächste Aktualisierung
am 27.04.2024



Kürzlich brachte die Wiener Staatsoper so etwas Esoterisches wie Hans Werner Henzes musiktheatralische Yukio-Mishima-Paraphrase „Das verratene Meer“ neu heraus. Innerhalb von dessen weitgefächerten Bühnenschaffen nimmt das 1990 an der Deutschen Oper Berlin uraufgeführte Stück keine sonderlich bedeutsame Stellung ein. Henze hat es 2005 unter dem japanischen Originaltitel „Gogo no Eiko“ – „Der Seemann, der die See verriet“ massiv überarbeitet; Gerd Albrecht hat diese Fassung in Salzburg vorgestellt, ein Mitschnitt erschien bei Orfeo. Vor allem die vielen Zwischenspiele profitieren von Henzes reiferer Instrumentierungskunst für ein großes, vor allem exotisch schlagzeuglastiges Orchester. Den dichten, dynamiksatten Zweistünder, hier eine Mischfassung aus beiden Versionen, dirigiert Simone Young mit Verve und zupackender Kraft. Sie hat hörbar Spaß an Henzes giftig schillernden, fluiden, oft sich eindüsternden Klangflächen, der bedrückenden Hafenatmosphäre. Erzählt wird von einem Handelsarmeeoffizier, der mit einer Witwe ein leidenschaftliches Verhältnis beginnt, sie heiraten und lieber Kleider in ihrem Laden verkaufen will, als weiter zur See fahren. Ihr pubertierender Sohn fühlt sich ebenfalls von ihm angezogen. Mit viril kantiger Baritonstimme, kantilenenklarem Sopran und etwas gellendem Tenor verstricken sich Bo Skovhus, Vera-Lotte Boecker und Josh Lovell immer dichter in ihr seltsames Liebesdreieck, das schließlich zum Trio infernale wird. Denn der Sohn ist zudem Mitglied einer Jungenbande. Diese aber – so funktioniert das surreal männerbündische Mishima-Universum – findet, der Offizier verrate durch sein Abmustern das Meer. Solches muss geahndet werden: Sie bringen ihn um.

Matthias Siehler, 08.01.2022


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