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N° 1353
13. - 24.04.2024

nächste Aktualisierung
am 20.04.2024



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Johann Sebastian Bach, Georg Friedrich Händel

„Bach, Händel“

Sabine Devieilhe, Pygmalion, Raphaël Pichon

Erato/Warner 9029667786
(83 Min., 12/2020)

Gibt es etwas, das sie nicht kann? Bachs Sopran-Solokantate „Mein Herze schwimmt im Blut“ BWV 199 war nicht unbedingt das nächste, was ich von Sabine Devieilhe auf einem Album erwartet hätte. Aber die Französin mit der ungeheuer geschmeidigen, perfekt fokussierten Sopranstimme hat mit Bachs Kantilenen natürlich keinerlei Probleme. Auch den barocken Text bemeistert sie sehr tapfer, von Kleinigkeiten wie „Höhle“ statt „Hölle“ oder „Trosst“ statt „Trost“ abgesehen: Hier war der Sprachcoach vielleicht unaufmerksam, und wer sonst sollte in einem Ensemble, in dem vermutlich nur der Trompeter Hannes Rux (der in BWV 199 Pause hat) native speaker ist, auf solche Details achten? Schwamm drüber, auch die gewissenhafte Emma Kirkby hat Vokalfarben-Fehler dieser Art gemacht. Raphaël Pichon taucht Devieilhes engelsgleichen Gesang in ein vergleichsweise süffiges Orchestergewand, recht hallig hinterlegt und auf Eleganz und Wohlklang getrimmt. Schon im ersten Accompagnato-Rezitativ gibt es effektvolle Streicher-Decrescendi mit Romantik-Touch, und das Ende des B-Teils der zweiten Arie („habe doch Geduld mit mir“), das einstmals Magdalena Kožená unter John Eliot Gardiner ganz im Rahmen barocker Ausdrucksmittel höchst bewegend gestaltet hat, gerät hier zu einer Art Schaukasten des „Seht mal, wie extrem langsam man das zelebrieren kann“. Schön, dass die Continuo-Ebene mit dem kreativ improvisierenden Lautenisten Thomas Dunford als gut hörbare Ergänzung zur Orgel von unten her für Auflockerung sorgt – der Streichersatz ist mir häufig zu geschniegelt und poliert. Interessant ist die Kombination der Bach-Kantate mit Musik von Händel, was die Arien aus der „Brockes-Passion“ angeht. Warum sich aber „Piangerò“ aus „Giulio Cesare“ in dieses Programm verirrt hat, bleibt Pichons (Marketing-)Geheimnis. Immerhin kehren wir am Ende zurück zu Bach: „Jauchzet Gott in allen Landen“, die andere große Solokantate, gelingt bravourös, nicht zuletzt wegen des bereits erwähnten Hannes Rux, der das Trompetensolo im ersten Satz auf historischem Instrument ebenso elegant zu blasen vermag, wie Devieilhe es singt. Kein Zweifel, die historische Aufführungspraxis hat unendlich große Fortschritte in puncto Beherrschung des Instrumentariums gemacht. Jetzt müssen wir nur aufpassen, dass wir nicht verlernen, gewissenhaft mit diesem Können umzugehen.

Michael Wersin, 06.11.2021


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